Zum 50. Jubiläum erschien diese Neuübersetzung des französischen Literaturklassikers mit Anmerkungen und einem Nachwort von Frank Heibert beim Suhrkamp Verlag. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, gerade diesen Roman zu übersetzen, da er voller Idiome und Slangausdrücke steckt, die nur schwer zu übersetzen sind. Aber Heibert ist es gelungen und er schlägt einen durchaus überzeugenden Ton an.
Französischer Slang in Deutschen Slang
Gabriel etwa wendet sich „daunenwärts“ was soviel heißt wie, dass er schlafen geht. Zazie will Lehrerin werden oder Astronautin, dann könnte sie den grünen Männchen dort oben ordentlich „einheizen“. Kaufen wird zu klaufen und Bluejeans zu Bludschiens, alles ein Jargon von Jugendlichen, die auf der Straße, „die das Laster bedeutet“, aufgewachsen sind und sich eben mal so durchschlagen müssen, im Großstadtdschungel. Von Paris ist hier die Rede. SängSchermängdehPreh. Saint-German-de-Prés. Oder so. So gibt es auch einen „Basardeur“, also jemanden der am Basar etwas verkauft. Aber auch Inzest wird angesprochen. Oder die prekären Verhältnisse. So schreibt Queneau an einer Stelle: „Ich? Hunger? Ich bin doch ein Kind der Wohlfahrt, Madame…“. Aber auch scheinbar harmlose Nachnamen haben bei Queneau eine Bedeutung, so ist der Trouscaillon ein Schürzenjäger und die Mutter von Zazie heißt „Lalochère“. Wer es nicht weiß, im Anhang wird alles erklärt. Auch die temporalen Grauzonen in denen sich der Autor bewegt, erfahren ihre Anerkennung und Erklärung ebendort.
Ein Kelch voller Zoten!
Zazie bezeichnet der Übersetzer in seinem Nachwort als „französische Pippi Langstrumpf“. Sie ist voller Frechheiten und völlig respektlos, aber dafür mit lässigt trotzigem Humor schnell zu einer Kultfigur avanciert. Es gebe auch eine Verfilmung von Louis Malle (1960), aber der Roman sei sehr viel vielschichtiger als die von Astrid Lindgren erfundene Figur oder als es sich in einem eineinhalbstündigen Film darstellen ließe. Zwischen 1944 und 1958 niedergeschrieben zeigt es ein junges, nicht viel älter als 13 Mädchen in ihrer aufbegehrenden Pubertät gegen die Erwachsenenwelt. Die Tabus, die Zazie entspricht sind eindeutig an eine Erwachsenenwelt gerichtet, ebenso ihre Schimpfwörter und Flüche. „Queneau lässt keinen Kelch an uns vorübergehen“, schreibt der Übersetzer im Nachwort, „keine Zote links liegen, es macht ihm offenbar diebischen Spaß, dem guten Geschmack die Zunge herauszustrecken“. Ein gebildeter Spaß also, nicht nur für Frankophile!
Rayomond Queneau
Zazie in der Metro
Roman.
Aus dem Französischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort von Frank Heibert
1959/2019, Taschenbuch, 238 Seiten
ISBN: 978-3-518-47116-6
Suhrkamp
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-05-17)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.