Auch wenn es im spanischen Original eigentlich heißt „und wie man sie den Taxifahrern erklärt“, die Ansprechperson also ein unbestimmtes Plural ist und damit eine bestimmte Personengruppe bezeichnet, die anscheinend über einen beschränkten Bildungsgrad verfügen würde – so zumindest der Tonfall – ist der deutsche Titel natürlich um vieles griffiger und unvergänglicher, geht er doch nicht davon aus, dass alle Taxifahrer gleich ungebildet sind, sondern eben nur der eine, nämlich meinige. Der überhebliche Ton, den ich hier imitiere, stammt übrigens vom Autor selbst, denn er fühlt sich bemüßigt, die Welt, besonders eben die erwähnten „Taxistas“ (span. für Taxifahrer), über einen verbreiteten Irrtum aufzuklären. Die kubanische Revolution habe nämlich mitnichten das Arbeiter- und Bauernparadies auf Erden verwirklicht, so Prieto.
Lesen sich Prietos Ausführungen anfangs noch ziemlich interessant, etwa wenn er Fidel Castro als amerikanischen Politiker bezeichnet und sich dabei auch noch besonders original und mutig vorkommt, wird einem der belehrende Ton als Leser doch bald etwas zu bunt, besonders dann, wenn sich der Autor als Zugehöriger zu jener Klasse outet, die gerade durch die Revolution beseitigt wurde. Wie Prieto betont habe er trotz seiner anfänglichen Sympathie für Fidel Castro bald die Geduld verloren, da die Revolution keine wesentlichen Verbesserungen für die Bevölkerung gebracht habe und man davor doch recht friedlich und zufrieden und vor allem in Wohlstand gelebt habe. „Niemals wurde eingeräumt“, schreibt Pietro, „dass man einen Irrtum begangen, dass das ganze Land, ob nun im Aufschwung oder nicht, 1959 einen Sprung ins Leere getan habe, denn so schlecht hatte es sich in Kuba letzten Endes nicht gelebt“. Besonders jene 10 Prozent, die nach der Revolution das Land verlassen hätten müssen: denen sei es doch gut gegangen, vor 1959. Darauf folgte ein „jahrelanger Marsch durch die Wüste“ an dessen Spitze ein Doktor Guevara gestanden sei, der „unerschütterlich vorangeht , ohne dass ihn etwas aufhalten könnte, ohne darauf zu achten, wer ihm unter die Füße kommt“. Man solle sich vor seinem Blick, der so viele T-Shirts junger Leute ziere, hüten, denn er verkünde erschreckende Härte und erinnere an all die Toten.
Natürlich gibt Pietro auch den Exilkubanern in Miami die Schuld, da sie nie eine effiziente Medienstrategie entworfen habe, um sich Gehör zu verschaffen. Pietros Argumentation ist scheinheilig, denn wer hat mehr Aufmerksamkeit in den amerikanischen Medien genossen also genau diese armen Exilkubaner, die von Castros Regime vertrieben wurden? Die kubanische Revolution ist für ihn nur ein Mythos vergleichbar mit der Conquista oder dem Eldorado. Allein dieser Vergleich straft Pietro legen, denn selbst als Vergleichbarkeit bezüglich der Mythoshaftigkeit verrät es seine wahre politische Gesinnung. Und in aller Gnade gewährt er Che Guevara ein Pardon, da es sich um einen verliebten Mann gehandelt habe, verliebt in Tania, eine Deutsche. Guevara sei als Dummkopf gestorben, der als Dummkopf an seine eigenen Theorien glaubte, schreibt Pietro.
Bei aller berechtigten Kritik an der kubanischen Diktatur, Jose Manuel Prietos Buch stößt einem sauer auf. Das - in eigenen Worten – Musterkind und Klavierspieler verdirbt einem ganz schön jedweden Revolutionsromantizismus und mit Sicherheit wird man nach dem Lesen dieses Buches etwas differenzierter, aber keineswegs weniger einseitig über die kubanische Revolution denken. Im Anhang findet sich eine persönliche Chronologie der kubanischen Revolution, die vorläufig bei der 50 Jahr Feier, 2009, endet.
Jose Manuel Prieto
Die kubanische Welt und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer
Aus dem Spanischen von Susanne Lange