Nach zwei Gedichtbänden legt die 1980 in der mecklenburgischen Provinz geborene und aufgewachsene Schriftstellerin Kerstin Preiwuß mit „Restwärme“ ihren ersten Roman vor, der mit seiner sensiblen und dichten Auseinandersetzung mit dem Phänomen von Heimatverbundenheit und der als ambivalent erlebten Zugehörigkeit zu einer Familie gleich von den ersten Seiten an zu überzeugen weiß.
In einer Sprache, in der die Lyrikerin in Kerstin Preiwuß immer wieder durchscheint, lässt sie ihre Ich-Erzählerin Marianne, eine junge Frau, erzählen, wie sie nach dem Tod des Vaters in ihr Heimatdorf zurückkehrt. Es sind die stark autobiographischen Züge dieses Romans, die seine Prosa und Poesie so dicht und überzeugend wirken lassen.
Die junge Frau bleibt mehrere Tage in dem Haus ihrer Kindheit zusammen mit der Mutter und dem Bruder. Diese Erfahrung bringt sie immer wieder zurück in das innere Haus ihrer Kindheit. Erinnerungen überschwemmen sie an eine Kindheit, die schwer war. Ein alkoholabhängiger, gewalttätiger Vater setzt vor allem dem Bruder mit Schlägen arg zu. Der mutiert zu einem unsicheren und gestörten Menschen, der die Schule abbricht und Spaß daran findet, eire zu quälen. Die Mutter steht dem allem hilflos gegenüber, sie ist schwach und ohne eigene Persönlichkeit. Immer wieder wird sie in diesen Tagen sagen: „Aber es war doch nicht alles schlecht.“
Im Gegensatz zu ihrem Bruder ist es Marianne gelungen trotz einer sehr frühen Schwangerschaft sich mit Abitur und Studium in der Hauptstadt Berlin ein neues Leben zu schaffen. Trotz aller Erinnerungen, die nun hochkommen, auch Wut auf die Mutter und den Bruder und sogar Hass auf den Vater, spürt sie immer wieder: irgendetwas ist da noch zusätzlich in ihr: Restwärme.
Ein sehr überzeugendes Romandebüt.
Kerstin Preiwuß, Restwärme, Berlin Verlag 2014, ISBN 978-3-8270-1231-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-10-29)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.