„Noch kehrt in mich der süße Frühling wider,/Noch altert nicht mein kindischfröhlich Herz,/Noch rinnt vom Auge mir der Thau der Liebe nieder,/Noch lebt in mir der Hoffnung Lust und Schmerz/(...)“, schreibt der Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843) in seinem Gedicht „An Neuffer. Im Merz 1794“. 2020 wird der 250. Geburtstag des geborenen Lauffeners gefeiert und auch die vorliegende Publikation, die die Wanderausstellung Hölderlins Orte begleitet, ist dazu ein ganz besonderer Beitrag.
Auf den Spuren des Dichters
Den Gedichten von Friedrich Hölderlin werden Fotos der renommierten deutschen Fotografin Barbara Klemm gegenübergestellt. Die Universitätsstadt Tübingen hat aus Anlass zum Hölderlin-Jubiläumsjahr eine Wanderausstellung konzipiert, die in vorliegendem Ausstellungskatalog wiedergegeben wird und vom Kerber Verlag in einer schönen Hardcover-Ausgabe auf sehr gutem Papier publiziert wurde. Die Fotografin reiste dazu in die Geburtsstadt nach Lauffen am Neckar, nach Nürtingen, Heidelberg, Bad Homburg, Bad Driburg, Jena, ins Kloster Maulbronn und schließlich zu jenem Tübinger Turm am Neckar, der heute nach dem Dichter benannt ist und sprichwörtlich für der Dichter „Elfenbeinturm“ zum Allgemeinplatz wurde. Bis auf einige Reisen nach Frankreich und der Schweiz, die Hölderlin noch zu Fuß unternahm, dürften diese Stationen auch die seines Lebens gewesen sein. Denn sein geliebtes Arkadien, Griechenland, das er in so vielen Gedichten besungen hatte, sah Hölderlin nie.
Wanderungen im Kopf
Die zweite Hälfte seines Lebens habe er in dem etwa 13 Quadratmeter großen Turmzimmer verbracht und vielleicht auch dieses Gedicht gereimt: „Mit gelben Birnen hänget/Und voll mit wilden Rosen/Das Land in den See, Ihr holden Schwäne,/Und trunken von Küssen/Tunkt ihr das Haupt/ins heilignüchterne Wasser//Weh mir, wo nehm` ich, wenn/Es Winter ist, die Blumen, und wo/Den Sonnenschein,/Und Schatten der Erde?/Die Mauern stehn/Sprachlos und kalt, im Winde/Klirren die Fahnen.“ Aber das war wie gesagt, die zweite Lebenshälfte, denn die ersten 36 Jahre war er sehr viel unterwegs: „Man lernt sehr viel in der Fremde, liebste Mutter!“, schrieb er ihr einmal, „Man lernt seine Heimat achten“. Von diesen Wanderungen rührt wohl auch seine Liebe zur Natur her, die er dabei durch aktive, physische Beteiligung des Laufens, Atmens, des Herzschlags“ erlebte, drückte es sein Biograf Pierre Bertaux treffend aus.
Hölderlins Oden, Elegien, Hymnen und Gesänge und dazu die Fotografien von Barbara Klemm ergeben eine Landschaft, die man jederzeit gerne im Kopf bereist, ganz so wie Hölderlin „sein“ Griechenland. Die Wanderausstellung anlässlich von Hölderlin 2020: Ein ausführlicher Überblick des Jubiläumsjahres findet sich unter: www.hoelderlin-2020.de.
Sandra Potsch/Wiebke Ratzeburg (Herausgeber)
Hölderlins Orte. Fotografien von Barbara Klemm. Texte von Friedrich Hölderlin
Februar 2020, Hardcover, 19 × 25 cm, 128 Seiten, 43 duplex Abbildungen
ISBN 978-3-7356-0658-7
Kerber Verlag
24,00 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2020-02-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.