Es gibt viele Bücher über den Tod. Romane, die erzählen von Verlust und Schmerz, von der unsäglichen Leere, die der Tod nahestehender Menschen verursacht, von Trauer und Orientierungslosigkeit und von dem verzweifelten Versuch von Menschen, sowohl den Verstorbenen in ihrer Erinnerung zu behalten, als auch erste Schritte der Neuorientierung zu tun in ein Leben ohne den geliebten Menschen.
Auch in vielen Bilderbüchern wird das Thema für Kinder aufgearbeitet, die ihre Großeltern oder gar einen Elternteil verloren haben.
Das hier vorliegende Buch des 1981 geborenen Buchhändlers Max Porter geht (durch eigene Erfahrungen geprägt?) dieses Thema auf eine Weise an, die ungewöhnlich und literarisch einzigartig ist.
In knappen Texten erzählt er von einem Mann und seinen beiden Söhnen, denen die Frau und Mutter von heute auf morgen weggestorben ist. Er erzählt von der Leere, dem Schmerz und auch der Wut, die sich einnisten ins Leben wie ein Geschwür.
Max Porter erfindet eine überlebensgrosse Krähe, die wenige Tage nach dem Tod der Mutter vor der Haustür steht und sich ohne groß zu fragen Einlass nicht nur in das Haus verschafft, sondern sich in den Alltag der Familie einnistet. Sie tut das auf eine laute, regelrecht unverschämte und vulgäre Weise. Sie bringt damit Lebendigkeit in die Familie zurück und wird insbesondere für die beiden Jungs zu einem wahren Segen. Aber auch dem Vater zeigt sie wie eine Art subversiver Therapeut Wege und Möglichkeiten auf, nicht in der Trauer zu versinken.
Am Ende-wie lange die Krähe zu Gast war bleibt unbestimmt- sind Vater und Söhne in der Lage, die Asche der Mutter zu verstreuen, und die Krähe verabschiedet sich mit den Worten: "Bitte um Erlaubnis, wegtreten zu dürfen, ich bin hier fertig."
Ihre Mission ist beendet. Das Leben gewinnt wieder Oberhand gegen den Tod. Wie Max Porter das erzählt, ist wild und ungezügelt, mit einer Sprache, der es gelingt, etwas einzufangen von der Verwirrung und dem Durcheinander, in die der Tod die Familie gestürzt hat, komisch an vielen Stellen und ohne Erbarmen mit dem Leser.
Vielleicht steht die Krähe als literarisches Bild für Menschen, deren tatkräftige Unterstützung so nötig ist für andere, die in ihrer Trauer zu versinken drohen.
Max Porter, Trauer ist das Ding mit Federn, Hanser Berlin 2015, ISBN 978-3-446-24956-1
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-12-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.