Für den polnischen Regisseur Roman Polanski regnete es Auszeichnungen: drei Oscars (Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Bestes adaptiertes Drehbuch), sieben Césars, den europäischen Filmpreis und die goldenen Palme erhielt "Der Pianist". Der Aufstand im Warschauer Ghetto zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde so eindringlich un realistisch geschildert, dass nicht nur die Kritiker begeistert waren.
Aufstand im Warschauer Ghetto
Der Film, der auf der Autobiografie "Der Pianist – mein wunderbares Überleben" des polnischen Pianisten und Komponisten W?adys?aw Szpilman basiert zeigt in geradezu dokumentarisch anmutenden Bildern Geschehnisse, die viele von uns lieber verdrängen würden. Umso mehr ist es ein Verdienst, dass sich Polanski diese Autobiographie filmisch umgesetzt hat, um sie so auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Erschütternd sind die Szenen in denen Szpilman von seiner Familie getrennt wird und somit quasi gezwungen wird, weiterzuleben, was er noch dazu einem Kollaborateur zu verdanken hat. Wenn sein Vater die letzten zwanzig Zloty für ein Stellwerk ausgibt und dieses von ihm in sechs Teile geschnitten wird, lastet das ganze Gewicht des Grauens auch auf den Schultern der Zuseher. Es sind solche Szenen, die den Alltag des Entsetzens in der Zeit des Nationalsozialismus dermaßen gut veranschaulichen, dass es für jede und jeden spürbar wird, was damals wirklich geschah. Als 1940 die Deutschen den polnischen Pianisten W?adys?aw Szpilman zusammen mit abertausenden anderen Juden in das Warschauer Ghetto einzusperren, begann aber auch der Widerstand des Warschauer Ghettos. Die Welt sollte sehen, dass die Juden sich wehrten und sich nicht wie Lämmer auf die Schlachtbank führen ließen. Tatsächlich dienten während des Krieges insgesamt 1,2 Millionen Juden in unterschiedlichen Armee der Alliierten und leisteten damit aktiven Widerstand gegen das Unrechtsregime.
Chopin als Lebensrettung
Im Film resp. Buch rettet der deutsche Offizier Wilm Hosenfeld W?adys?aw das Leben, aber auch das nicht ganz ohne politisches Kalkül. Denn Hosenfeld, der W?adys?aw heimlich Essen in sein Versteck in einer Ruine bringt, hofft auf eine mildere Beurteilung durch die Nachkommen. Er weiß, dass die Situation für das Deutsche Reich bereits verloren ist und sichert sich so ab. W?adys?aw sollte seine Fahrkarte in ein freies Leben werden, nach dem Krieg. Trotz all dem Elend, den Deportationen ins KZ, der Niederschlagung des Aufstandes, der Vernichtung Tausender, wird die Begegnung von Hosenfeld und W?adys?aw zu einer Art Epiphanie, denn hier begegnen sich zwei Menschen unterschiedlicher Lager und Herkunft und reichen sich über die Gräber hinweg die Hand. Die Szene wird dramaturgisch umrahmt durch das Spielen von der Ballade Nr. 1 in g-moll (Op. 23) von Chopin auf einem zertrümmerten Flügel in der Ruine, wo sich W?adys?aw versteckt hält. Der "Kulturmensch" Hosenfeld ist dermaßen gerührt von "Szpilmans Spiel", das er beschließt ihm eine Chance zu geben. Das Handwerk des Pianisten sichert ihm so sein Überleben und es ist wichtig, dass er nicht aufgibt, denn er muss seine Geschichte erzählen. Für die vielen unschuldigen Opfer. Für die Nachwelt. Für uns. Niemals vergessen.
Roman Polanski
Der Pianist
(Originaltitel: The Pianist)
2023/2002, Frankreich / Polen / Deutschland / Großbritannien, Drama, History, Kriegsfilm, ca. 149 Minuten, FSK 12
Mit Adrien Brody, Thomas Kretschmann, Emilia Fox, Frank Finlay, Michal Zebrowski, Ed Stoppard, Maureen Lipman
BluRay/DVD
Studiocanal/Arthaus
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2023-11-04)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.