Literarische und reale Vorbilder für ménage à trois gibt es ja schon einige, man denke etwa an den russischen Poeten Vladimir Mayakovsky, der mit seiner Muse Lilya Brik, die mit ihrem Mann Osip Brik, ein Avantgarde Schriftsteller und Kritiker, lebte oder an Friedrich Nietzsche, der sich mit Paul Rée Lou Andreas-Salomé „teilte“. Während der Begriff „ménage“ eigentlich auf „Haushalt“ Bezug nimmt, also das gemeinsame Zusammenleben von drei Personen in einem Haushalt, wird unter „ménage à trois“ vielmehr jede Art einer sexuellen Beziehung zwischen drei Personen verstanden. Während wir in der Römerquelle Werbung zumeist zwei Männer mit einer Frau sehen, wird die umgekehrte Variante eher ungern gesehen. In „Loulou“ geht es ohnehin um die erste, die gefälligere Variante des Spiels zu Dritt und Nelly (Isabelle Huppert) wird darin von zwei so unterschiedlichen Männern wie Loulou (Gérard Depardieu) und André (Guy Marchand) begehrt.
Zwischen Sicherheit und Freiheit
Während André – von dem sie sich öfters zu trennen versucht – für das bürgerliche Leben und die Normalität, den Alltag steht, verkörpert Loulou das Abenteuer und zügellosen Sex. Der von Gerard Depardieu wieder einmal grandios dargestellte Vorstadtprolet Loulou ist zudem noch ein Kleinkrimineller, der sich mit illegalen Deals über Wasser hält, weil er gar nicht arbeiten will, die beiden Männer sind also so unterschiedlich wie Tag und Nacht, Apollo und Dionysos. Nelly entscheidet sich dann aber doch für das „wilde Leben“ und als sie von Loulou schwanger wird, scheint diese Entscheidung vom Schicksal bestätigt zu werden. Loulou verspricht ihr, sich Arbeit zu suchen und ihr so etwas wie „Sicherheit“ für sie und das Kind zu garantieren, doch sein Freiheitsdrang ist zu groß, egal wie sehr er sich bemüht, er kann Nelly nicht wirklich davon überzeugen. Nelly steht wie so viele Frauen im realen Leben vor der Entscheidung sich für den Ehemann oder den Matrosen zu entscheiden, ein Leben in Sicherheit, oder eines in Freiheit.
“Du musst sie schon selbst fragen!“
Lebenskünstler Loulou, der aus dem Gefängnis kommt und sich mit Gelegenheitseinbrüchen über Wasser hält ist ein durch und durch sympathisch gezeichneter Charakter, auch wenn seine sexuelle Freizügigkeit Nelly weniger gut gefällt. In einer Szene in einer Kneipe flüstert ihm ein Kumpel ins Ohr, ob „seine Kleine“ eventuell zu haben sei, und Loulou brüllt – nachdem er sie gefragt hat – über den Tisch: „Na, du musst sie schon selbst fragen!“ Auch in einer weiteren Szene hätte er nichts einzuwenden, wenn sie mit wem anderen schläft. Sein Gefängniskumpane, den er auch Loulou nimmt und der nur einen Arm hat, bemüht sich um Nelly, aber sie hat ja ohnehin schon zwei Männer. Mit dem Baby entscheidet sich dann auch ihr weiteres Schicksal, denn da sie selbst nicht weiß, was sie eigentlich will, nehmen ihr die anderen die Entscheidung ab. In einer anderen Szene in Loulous Bude schlüpft eine Freundin von Loulou ins Bett zu Nelly und Loulou, was Nelly allerdings gar nicht gefällt, denn sie bevorzugt eindeutig die Römerquelle Variante der ménage à trois!
EDITION CINEMA FRANCAIS www.filmconfect.com
Originaltitel: Loulou
Regie: Maurice Pialat
Produktion: Frankreich 1980
Lauflänge: ca. 100 Min.
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-02-12)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.