Natürlich ist Venedig vor allem für seine Architektur und Kunstgeschichte bekannt und beliebt, aber kaum jemand weiß, wie viel moderne Architektur es auch in dieser Stadt gibt. Abgesehen von dem jahrelang umstrittenen MOSE-Projekt, das Dämme zur Senkung des Hochwasserspiegels errichtete, gibt es auch einige andere bereits verwirklichte Projekte wie etwa das Mulino Stucky auf der dem Dorsoduro vorgelagerten Insel Giudecca. Das Mulino Stucky ist nichts weniger als das bedeutendste Industriegebäude Venedigs. Schon Ende des 19. Jahrhunderts fertiggestellt, beherbergte es zuerst eine Mühle und Bierfabrik, seit Juni 2009 aber nur mehr eine Filiale der Hilton Hotel Kette. Damals war der Hannnoveraner Ernst Wullekopf für den nordischen Backsteingotikstil verantwortlich, nach dem Großbrand von 2003 blieb äußerlich alles unverändert, innen hingegen befindet man sich in einem Fünf Sterne Palast der Extraklasse mit eigener Bootsanlagestelle, Restaurant und Spabereich, sowie einem Swimming Pool am Dach.
Ein weiteres sehr modernes Projekt auf der Giudecca war das 2004 beendete Projekt von Cino Zucchi, das absichtlich die alte venezianische Architektur mit modernen Mitteln kopiert. Die Fenster sind etwa mit istrischem Stein flach umrahmt, was an einen graphischen Stil mit alten Materialien gemahnt. Die gelungene Zitatarchitektur verfügt auch über einen Kopfbau an einem Zusammenfluss von zwei Kanälen, einem großen Dorfplatz „Ex-Junghans“, da sich hier einmal eine Uhrenfabrik befand und einem Studentenheim. Auch Kultur soll hier stattfinden, denn es gibt auch eine Art Gemeindezentrum für Theater und Tanz, schließlich befindet sich gleich vis a vis ja auch eine Schule. Die Giudecca wird auf der 2. Tour im 2. Rundgang noch in mehreren weiteren Stationen begangen, Stadtpläne werden ebenso gezeigt, wie viele Fotos der zu findenden Gebäude, kurze Beschreibungen ermöglichen einen Einblick in die wichtigsten Gebäude des Viertels. Leider wurde beim Stadtplan selbst Giudecca falsch geschrieben, obwohl in der Einführung im Text dann der Name wieder richtig geschrieben wird. Dort steht über die Herkunft des Namens „Giudecca“, das eine Version ihn von Giudeo, also „Jude“ herleite, eine andere Version spricht aber von den „giudicati“, den Verurteilten, befindet sich doch auch heute noch ein Frauengefängnis auf der Insel.
Insgesamt werden 67 Projekte in sechs Spaziergängen mit jeweils vier wichtigen Bauten vorgestellt, und auch eine Innenstadtkarte wird geboten. Diese Version der Reihe „Architektur in …“ ist auch zu den Städten Frankfurt, Köln und Moskau erschienen und kommt im Gegensatz zu „Neue Architektur in…“ (diese Reihe ist zu Wien, Stuttgart, Potsdam, Paris, Ruhrgebiet, Leipzig, London, Hamburg, Berlin und München) nicht in einer Plastikfolie, sondern in einem schwarzen Kartonschuber. Die zweisprachige Archimap (980 x 700 mm aufgeklappt | 16,6 x 11 cm im Pappschuber) ist - wie der Name schon sagt – eine Mappe, also ein Stadtplan, und kein Buch und deswegen nur im ausklappbaren Großformat ganz zu lesen und zu verstehen. Bitte wieder mit Sorgfalt zusammenfalten, denn es ist wirklich die notwendige Vorsicht geboten! Weitere Touren beschreiben natürlich auch die klassische Architektur Venedigs, wie etwa im 6. Rundgang das Opernhaus La Fenice, das 2004 tatsächlich wie ein Phönix aus der Asche wiedererstanden war. Durch einen Versicherungsbetrug 1996 vollständig abgebrannt, glänzt es seit nunmehr sieben Jahren wieder in alter Architektur, aber mit neuer Akustik. Denn diese soll sich gegenüber dem Altbau sogar noch verbessert haben.