Das Jahr 1964 verweist in den Chroniken der USA auf fulminante Entwicklungen. Ein Jahr nach der Ermordung John F. Kennedys stellte sich der demokratische Interimspräsident Lyndon B. Johnson aus Texas in regulären Wahlen. Sein Gegenkandidat war der aus Arizona stammende Republikaner Barry Goldwater, der für alles zu stehen schien, was der demokratische Aufbruch hinter sich zu haben glaubte. Letztendlich gewann Johnson mit einem phänomenalen Ergebnis, Goldwater holte lediglich neben Arizona fünf weitere Staaten des tiefen Südens. Dort, vor allem im Bundesstaat Mississippi, herrschte erbitterter Widerstand gegen die Aufhebung der Rassentrennung und der para-faschistische Klu Klux Klan.
Vor diesem Hintergrund bewegen sich die Bilder des Films Mississippi Burning, der die Situation in vielen Facetten einfängt. Nach einem Mord an drei jungen Bürgerrechtlern, von denen einer schwarzer Hautfarbe war und einer lax und interessenlos geführten Untersuchung seitens der lokalen Behörden, wird eine Kommission des FBI aus Washington geschickt. Das untersuchende Duo sind ein junger, von den demokratischen Institutionen der USA überzeugter Ermittler, dargestellt durch Willem Dafoe und ein in Mississippi aufgewachsener Haudrauf und Skeptiker, exzellent mit Gene Hackman besetzt. Allein dieses Paar besticht schon durch die Rivalität der Vorgehensweisen: der Eine rigoros und nach dem Buchstaben des Gesetzes, der Andere mit dem interkulturellen Switch und der individuellen Interpretation des Rechts.
Die lokale Gesellschaft ist eine letzte Aufblendung des alten Südens, oder zumindest dessen, was davon übrig geblieben ist. Eine rechtsextreme, elitäre weiße Minderheit, die zwar von der Hautfarbe in der Majorität ist, aber in ihrem angelsächsich-protestantischen Bezug und ihrem Rassismus eine militante Sekte bildet. Zu sehen sind die Mitläufer, die in ihrem Stumpfsinn und ihrer ritualisierten Monotonie die Demütigung der schwarzen Bevölkerung als Gesellschaftsspiel und Affront gegen das Washington der amerikanischen Modernisierung betrachten. Und zu sehen sind die Weißen, die dieses Spieles überdrüssig sind, die die endlosen Schleifen der Gewalt nicht mehr ertragen und den Wandel zu einer demokratischeren Gesellschaft wollen.
In fulminanten Bildern, mit starken Charakteren und einer dramatischen Handlung gelingt es dem Film Mississippi Burning, sowohl die konkrete Handlung als auch den Konflikt zwischen dem Bundesstatt Mississippi und der Bundesbehörde sowie deren zentralstaatlichem Eingriff spannungsgeladen zu gestalten. Obwohl der Film bereits vor 23 Jahren gedreht wurde, hat er nichts von seiner zeitgemäßen Inszenierung eingebüßt. Ganz im Gegenteil: er weißt Züge auf, die eine andere Dimension der Kritik zulassen, als dieses heute oftmals üblich ist. Und er zeigt, wie wichtig zentralstaatlicher Durchgriff sein kann, wenn es in der Provinz basisdemokratisch völlig aus dem Ruder läuft!
[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-08-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.