„Violence is as American as cherrypie“, meinte einst H. Rap Brown, Vorsitzender des SNCC (Student Nonviolent Coordinating Committee) und kurzzeitiger Minister of Justice der Black Panther Party. Die Black Panthers waren eine Organisation, die sich in den Sechzigern und Siebzigern für die Rechte der Schwarzen in den USA einsetzten und ihre Vertreter wurden entweder eingesperrt oder exiliert. Vor allem der Vorwurf der Gewaltverherrlichung wurde den Black Panthers immer wieder gemacht, dabei hatten sie vor allem sozialpolitische Ziele verfolgt. So wurde etwa ein Gratis-Frühstück für Arme organisiert, das von FBI-Chef J. Edgar Hoover als „innere Bedrohung des Friedens in den USA“ bezeichnet wurde. Die Forderungen der Panthers, die in vielen amerikanischen Großstädten eine Art schwarze Gegenregierung aufbauen wollten, waren etwa günstiger Wohnraum, Arbeit und Gesundheitsversorgung. Das militante Auftreten, die Bewaffnung und die sektenähnliche Organisierung („Guns, pick up the guns, and send the pigs on the run…“) erregten natürlich das Aufsehen der weißen Mittelschicht, die ihre Pfründe gefährdet sahen, aber die Panthers waren weit weniger gewalttätig als ihr Image, denn sie spiegelten nur die tatsächlichen Gewaltverhältnisse wider.
„Humble you with the bible, crumble you with the gun“
Als Angela Davis, eine Intellektuelle und Sympathisantin der Panthers, in einem Interview nach Gewalt gefragt wird, erzählt sie ihre ganz persönliche Geschichte, denn wer als Schwarze in Amerika in den Sechzigern aufwuchs, war tagtäglich damit konfrontiert, mit der Gewalt von weißer Seite. Die vorliegende Dokumentation zeigt in Originalbildern der damaligen Zeit auch viele Interviews und öffentliche Auftritte von den Anführern der Bewegung, etwa Stokely Carmichael, Bobby Seale und Eldridge Cleaver. Natürlich wird auch Martin Luther King gezeigt, auf den sich die Panthers zwar beriefen, dessen Gandhi-Ideologie sie aber ablehnten. Es würde nichts nützen an das Gewissen des weißen Amerikas zu appellieren und so moralisch den Kampf zu gewinnen, denn das weiße Amerika habe kein Gewissen. Stokely Carmichael schätzt Martin Luther King, aber er sei eben ein Vertreter einer jüngeren Generation, die weniger geduldig, friedlich sei. Als King in der Riverside Church das erste Mal gegen den Krieg wetterte wurde er beseitigt. Das war kein Zufall. Talib Kweli erzählt, dass die Reden Carmichaels auch 40 Jahre später noch so gefährlich seien, dass er am Flughafen aufgehalten wurde, als er diese gehört hatte. Das FBI hatte ihn überwacht.
No Hope in Dope
Nachdem die Panthers politisch isoliert und sozial kriminalisiert wurden, brach die Bewegung Mitte der Siebziger zusammen. Eine große Rolle bei diesem Zusammenbruch spielte das Ende des Vietnamkrieges, der vor allem eines gebracht hatte: billige Drogen. Der amerikanische Markt wurde geradezu überschwemmt und besonders die inner city blacks verfielen diesen Dämonen, die sie schon als Soldaten in Fernost benutzt hatten, um die Grausamkeit des Krieges zu neutralisieren. „Nach dem Krieg ist es genau wie vor dem Krieg: man kämpft um’s Überleben“, sagt ein schwarzer Vietnamveteran. „Something’s always holding me down“, nickt der andere zustimmend. Die amerikanische Nation sei noch eine sehr junge, sie benehme sich wie ein junges Hündchen, ein dumb puppy, beiße wild um sich. Aber die Schwarzen seien es, die die Bruchstücke dann wieder zusammenlesen müssten, so wie in Vietnam. „We pick up the pieces and turn it into a new dance“, so die Hoffnung eines der Protagonisten auf eine bessere Zukunft. Oder wie es Sonia Sanchez programmatisch ausdrückte: „When you love yourself, you treat other people as equal“. Der erste Schritt zu einer nachhaltigen Veränderung wäre damit getan.
The Black Power Mixtape 1967-1975 wurde in 16mm-Filmmaterial von schwedischen Journalisten, die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre in die USA reisten, gedreht. Erst mehr als 30 Jahre später wurden die Filmrollen in den Kellern des Schwedischen Fernsehens wieder entdeckt und Göran Olsson machte die Bilder mit brandneuer Musik und aktuellsten Erzählerstimmen der Öffentlichkeit von heute zugänglich. Musik von Questlove (The Roots) und Om’Mas Keith wird kombiniert mit Kommentaren und Erzählungen von prominenten Afro-Amerikanern, wie etwa Erykah Badu, Harry Belafonte, Talib Kweli und Melvin Van Peebles. Ein historisches Zeitdokument der Extraklasse, ein wahrer dokumentarischer Schatz über eine der einflussreichsten und mißverstandensten Bürgerrechtsbewegungen der USA.
Mouna • Inspirierende Filme & Medien präsentiert:
The Black Power Mixtape 1967 – 1975
Ein Dokumentarfilm von Göran Hugo Olsson
Schweden / USA / Deutschland - 92 Minuten
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-06-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.