Der Theologe Rainer Oberthür, der in der Vergangenheit schon einige religiöse Bücher für Kinder und Jugendliche vorgelegt hat, wendet sich mit seinem neuen Buch an eine breitere Leserschicht. Denn sein ambitionierter Versuch, von der Bibel, der Naturwissenschaft und dem Geheimnis unseres Universums zu erzählen, richtet sich nicht nur an interessierte Jugendliche, sondern vor allen an Erwachsene. Erwachsene, die in ihrer Kindheit etwas gelernt haben von der Urgeschichte, wie sich die Genesis im Alten Testament die Erschaffung des Menschen und der Welt vorstellt und die dann später, als sie sich in der Schule mit den Erkenntnissen der modernenn Naturwissenschaften konfrontiert sahen, den offensichtlichen Widerspruch zwischen beiden Erzählungen nicht auflösen konnten.
Viele Menschen haben auf diese Weise ihren Glauben an einem gütigen Schöpfergott verloren oder sahen ihn für ihr weiteres Leben zumindest deutlich angeknackst.
Rainer Oberthür stellt in seinem neuen Buch beide Erzählungen nebeneinander, illustriert sie mit neuzeitlichen Fotografien und mittelalterlichen Gemälden, die er am Ende des Buches vorstellt und erläutert und bringt die Erzählungen auf diese Weise in einen spannenden Dialog. Ein Dialog, der den Leser herausfordert von der ersten Seite an und den der Autor sozusagen „anzetteln“ und fördern möchte nach einer Erkenntnis: „Alle Dinge, die wir sehen, können wir aus zwei Perspektiven anschauen – als Tatsache und als Geheimnis“.
Mit persönlich ging es als Theologe, der im Laufe seiner jahrzehntelangen Predigttätigkeit mehrfach über die Schöpfungsgeschichte im Lichte der modernen Naturwissenschaften zu sprechen hatte, und auch im Religionsunterricht verschiedener Altersklassen das Thema oft behandelte, bei der Lektüre dieses außergewöhnlichen Buches so, dass ich erstaunt darüber war, immer wieder neue Dinge, neue Aspekte, neue Schattierungen zu entdecken, in beiden Erzählungen, der biblischen und der wissenschaftlichen.
Und Oberthürs von seinem persönlichen Glauben geprägter Zusammenfassung kann ich mit ganzem Herzen und Seele zustimmen:
„Gott ruft das Nichts ins Etwas und das Etwas ins Sein.
Gott schenkt uns Menschen die Entdeckung der Welt:
So schön ist, was wir hören und sehen können.
Wir sind ergriffen und wollen es mit allen Sinnen erfahren.
Noch schöner ist, was wir wissen können.
Wir begreifen und wollen es mit dem Verstand erkennen.
Am schönsten aber ist, was wir nicht fassen können.
Wir werden still und erahnen Gottes Größe und Geheimnis.“
Ja.
Rainer Oberthür, Das Buch vom Anfang von allem, Kösel 2015, ISBN 978-3-466-37127-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-08-17)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.