Mit den Büchern von Ingrid Noll geht es mir seit Jahren so ähnlich wie mit den Brunetti - Romanen von Donna Leon, die wie Nolls Romane ebenfalls bei Diogenes in Zürich erscheinen. Weil ihre Vorgänger so überaus erfolgreich waren, neigen die Autorinnen dazu, auch im nächsten, von einer treuen und nicht kleiner werdenden Fangemeinde sehnlichst erwarteten Buch mit dem gleichen Strickmuster zu arbeiten.
Bei Ingrid Noll sind es vorzugsweise Frauen, die, mit viel schwarzem Humor beschrieben, auf die eine oder andere geniale Weise unliebsame Zeitgenossen entsorgen und sie sich vom Hals schaffen.
Im vorliegenden neuen Roman erzählt die über 80-jährige Holda ihrer mit ihr im gleichen Hochhaus wohnenden Enkelin Laura eine Geschichte aus den Gründungstagen der Bonner Republik. In der kurzen Rahmenhandlung, den Gesprächen mit ihrer hippen Enkelin, die eigentlich nur dazu dient, die Erzählung ab und zu unterbrechen zu können, zeigt sich die alte Erzählerin als auch der modernen Sprache mächtige Frau, die sich perfekt mit ihrer Enkelin versteht und es schafft, ihre Spannung und ihr Interesse an einer unglaubliche Geschichte wachzuhalten, der eine originelle Mischung aus Kriminalkomödie und Agentenroman gelingt.
Holda arbeitet zusammen mit Karin im Innenministerium der neuen Republik. Sie im Vorzimmer, Karin in der Dunkelkammer. Eines Tages stoßen sie in einem Versteck auf eine kryptische Botschaft. Schnell haben sie einen Vorgesetzten namens Jäger im Verdacht und furchtlos wird ihnen bald klar, dass dieser wohl in einen Spionagefall verwickelt ist. Furchtlos und bald selbst gegenspionagemäßig in Aktion tretend werden die beiden jungen Frauen aktiv. Nicht zu ihrem eigenen Nachteil wie sich bald herausstellen wird.
Wie in allen früheren Romanen bietet Ingrid Noll köstliche und leichte Unterhaltung mit Menschen, deren böse Seite ihrer Persönlichkeit sie vorzugsweise zum Ausdruck bringt und mit selbstbewussten Frauen, die meist ohne strafrechtliche Folgen sich Probleme vom Hals schaffen.
Witzig und überaus amüsant ist eine solche Lektüre und ihre treuen Fans wünschen sich von der agilen Ingrid Noll noch viele weitere Romane.
Ingrid Noll, Halali, Diogenes 2017, ISBN 978-3-257-06996-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2017-08-31)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.