Mit den Büchern von Ingrid Noll geht es mir seit Jahren so ähnlich wie mit den Brunetti - Romanen von Donna Leon, die wie Nolls Romane ebenfalls bei Diogenes in Zürich erscheinen. Weil ihre Vorgänger so überaus erfolgreich waren, neigen die Autorinnen dazu, auch im nächsten, von einer treuen und nicht kleiner werdenden Fangemeinde sehnlichst erwarteten Buch mit dem gleichen Strickmuster zu arbeiten.
Bei Ingrid Noll sind es vorzugsweise Frauen, die, mit viel schwarzem Humor beschrieben, auf die eine oder andere geniale Weise unliebsame Zeitgenossen entsorgen und sie sich vom Hals schaffen.
Im neuen Buch ist es die alleinerziehende Nelly, Mitte dreißig, die sich mit der Einrichtung eines Mittagstisches in ihrem Haus eine steuerfreie Nebeneinkunft zu sichern glaubt. Offiziell kocht die begnadete Köchin nur für Freunde, und glaubt, deshalb kein Gewerbe anmelden zu müssen.
Und so beschreibt Ingrid Noll einen illustren Kreis von Mittagsgästen, wobei Nelly insbesondere den Männern große Aufmerksamkeit widmet. Doch als ihr Lieblingsgast Markus eines Tages seine Freundin Grete mitbringt, ist es mit der Gastfreundschaft vorbei. Nelly beginnt zu handeln, wobei ihr ihre genauen Kochkenntnisse sehr behilflich sind.
Wie in allen früheren Romanen bietet Ingrid Noll köstliche und leichte Unterhaltung mit Menschen, deren böse Seite ihrer Persönlichkeit sie vorzugsweise zum Ausdruck bringt und mit selbstbewussten Frauen, die meist ohne strafrechtliche Folgen sich Probleme vom Hals schaffen.
Witzig und überaus amüsant ist eine solche Lektüre und ihre treuen Fans wünschen sich von der agilen Achtzigjährigen noch viele weitere Romane.
Ingrid Noll, Der Mittagstisch, Diogenes 2015, ISBN 978-3-257-06954-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2016-02-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.