Vierundfünfzig Jahre alt ist er, der Protagonist des vorliegenden Romans. David Lamb ist wohlhabend, aber sehr einsam. Sein Vater ist vor kurzem gestorben und seine Frau hat ihn verlassen.
Zufällig trifft er eines Tages die elfjährige Tommie, die von anderen Mädchen gemobbt und gequält wird. David Lamb rettet sie aus dieser Situation und überredet sie, zu ihr ins Auto zu steigen. Spätestens ab diesem Moment wird die Lektüre heikel. Denn der Leser wird von Bonnie Nadzam sehr lange im Unklaren gehalten über die Motive von Mr. Lamb. Ist hier ein Pädophiler am Werk oder treffen hier lediglich zwei Menschen zusammen, beide ebenso einsam wie bedürftig ?
David Lamb ist sich selbst nicht klar über seine Gefühle. Er schwankt zwischen Selbsttäuschung und Manipulation hin und her, während die kleine Tommie wechselt zwischen Vertrauen zu diesem Mann, der sie zu verstehen scheint und einer großen Verletzlichkeit, denn sie fühlt sich Mr. Lamb und der Situation, in die er sie gebracht hat, ausgeliefert.
Die Handlung dieser Geschichte, die sich einfachen und erst recht normalen moralischen Urteilen immer wieder entzieht, ist spannend wie ein Thriller, auch weil der Leser lange nicht ahnt, was am Ende geschieht.
„Mr. Lamb“ ist Bonnie Nadzams erstes Buch und man darf mit Fug und Recht gespannt sein auf ihr zweites, das hoffentlich auch einem deutschen Publikum zugängig sein wird.
Bonnie Nadzam, Mr. Lamb, DTV 2014, ISBN 978-3-423-24997-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-05-31)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.