„...and remembers from his own experience that the people of the misty isles once treated strangerst he same way - - and for same reason“, zitiert Uwe Baumann eine Erinnerung von Prinz Eisenherz, die gut auch in unsere heutige Zeit passt in der es eine andere Willkommenskultur gibt als auf Königin Aletas Nebelinseln. Der klassische flash back – wie es Baumann nennt – und Gedankenexperimente oder die Zukunft antizipierende, wertende Kommentare der auktorialen Erzählinstanz würden mit rand- oder rahmenlosen Bildern illustriert, auch wenn dies nicht immer in aller Konsequenz durchgehalten würde, so der Übersetzer im Vorwort. Die randlosen Illustrationen würden die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Besondere des Dargestellten lenken, z.B. „auf die Differenz zwischen der Repräsentation des konkreten, aktuellen Geschehens und den von den Akteuren erzählten Geschichten“ und am Ende würden alle drei Erzählinstanzen launig einen Becher mit Wein heben. Kann man sich einen besseren Ausgang eines Historikerstreits wünschen?
“Give expression to human spirit“
Uwe Baumann bemerkt in seinem Vorwort viele weitere Details und aufschlussreiche Ideen, darunter auch die Geschichte wie Nathan, Eisenherz’ Sohn, von der Wanderin gerettet wird, die „geheimnisvoll, wie ihr beliebt, die Welt durchstreift“. Sie ist es auch, die ihm erklärt, dass Kunst Wahrheit aus der Illusion schafft und damit auf die zur Zeit des Comics entdeckten Höhlen in Südfrankreich anspielt. Denn auch Nathan besitze die Kraft, aus Illusion Wahrheit zu schaffen, wie er kurzerhand beweist, wenn er mit Kohle und Kreide eine Tür auf eine Felswand zeichnet und durch diese entfleucht. Am 18. Dezember 1994 hatten Chauvet, Deschamps und Hillaire die Grotte Chauvet im Vallon Pont d’Arc entdeckt, die bisher älteste mit der Radiokarbonmethode auf ca. 31.500 v. Chr. datierte Fundstelle von steinzeitlichen Höhlenkunstwerken. Vielleicht wollten auch diese Menschen dem „menschlichen Geist Ausdruck verleihen“, wie es auf Seite 3059 im Bild 4 der vorliegenden Ausgabe heißt?
Fußballspielen im Schatten der Maya-Pyramiden
Ein anderer Erzählungstrang zeigt Prinz Eisenherz in Konstantinopel bei Kaiser Justinian und seiner Königin Theodora, die bezüglich des Nika-Aufstands oder Nike-Aufruhrs, wie er bei Murphy heißt, mit den mächtigen Worten sogar wörtlich zitiert wird: „Selbst wenn nur die Flucht Sicherheit bedeuten würde, würde ich dennoch nicht fliehen wollen. Denn der Thron ist ein herrlicher Sarg. Das Kaisertum (basileia) das schönste Leichentuch.“ Die vom Historiker Prokop Kaiserin Theodora zugeschriebenen Worte mögen von diesem gut erfunden worden sein, Prinz Eisenherz’ Einfallsreichtum, um die Nebelinseln seiner Frau Aleta vor Strafsanktionen Justinians zu schützen, ist zweifellos Legende. Ebenso genau ist die historische Recherche und inspirierte Fantasie bei der Schilderung des Reiches von Tikal, in dem nicht nur der Maya-Gott-König „Jaguarpranke“ tatsächlich existiert, sondern auch der Maya Kalender und das phönizische Alphabet und die Windmühlen sowie gewaltige Schleudermaschinen richtig datiert werden. Und wenn Sven Gabelbart beim Fußballspielen mit den Mayas die eiserne Schiffsdisziplin anwendet, um der Hinrichtung zu entgehen, wird sich so mancher Leser erweiterte Gedanken über den Austausch und Transfer der Kulturen machen. Denn dieser war niemals nur einseitig.
John Cullen Murphy
Prinz Eisenherz 1995/1996
Gesamtausgabe Band 13
Mit einem Vorwort und Übersetzung aus dem Englischen von Uwe Baumann www.bocola.com
[*] Diese Rezension schrieb: juergen weber (2016-01-31)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.