An der Reling eine Schiffes steht der machthungrige Mordred mit einem pinknäsigen Häschen auf dem Arm, das er willfährig streichelt und festhält. Mit einem Blick auf das Meer denkt er an seine neue Invasionsarmee, seine Geheimwaffe und seine Geste erinnern etwas an einen Bösewicht aus James Bond, der die weiße Katze streichelt. „Letzten Endes haben dir die Kaninchen Glück gebracht“, aus einem Dialog König Arthurs mit Prinz Eisenherz nimmt der Übersetzer Wolfgang J. Fuchs in seinem Vorwort dann als Aufhänger für eine äußerst amüsante Abhandlung über die Unterschiede zwischen Hasen, Kaninchen und Karnickel und deren Bedeutung in der Welthistorie und –kultur. Tatsächlich schmiedet der böse Mordred nämlich wieder einmal einen fiesen Plan Camelot und ganz Britannien zu Fall zu bringen: mit Hilfe eines Karnickels.
Kaninchen auf Abwegen
Die Hasen sollen die Erne wegfressen und so einen Aufstand des Volkes gegen König Arthur heraufbeschwören. John Cullen Murphy bedient sich dabei durchaus historischer Vorbilder, denn tatsächlich gab es eine Kaninchenplage, allerdings nicht in Britannien, sondern in Australien, wie auch Wolfgang Fuchs weiß. Im Jahr 1859 sollen 24 wilde Hasen aus England in Australien eingebürgert worden sein, die sich in Folge zu mehreren Millionen (eine Quelle spricht sogar von Milliarden) Hasen vermehrt haben sollen, und das in weniger als 70 Jahren. So alt wäre selbstverständlich nicht einmal Mordred geworden, historisch verbürgt ist aber die Tatsache, dass die Kaninchen auch in Britannien Gäste sind, denn sie wurden dort erst im 12. Jahrhundert eingebürgert, also tatsächlich weit nach unseren Ereignissen in der Graphic Novel, die in einem nebulösen, vagen Zeitalter zwischen 433 und 600 nach Christus spielt.
Expressionistische Historie
Eine andere witzige Stelle hebt Fuchs ebenfalls in seinem Vorwort hervor, als Eisenherz nämlich den Schild des Achilles im Meer versenkt. Dieser verpflichte seinen Träger immer die Wahrheit zu sagen. Unser Prinz entsorgt den Schild mit Blei beschwert im Ozean mit den Worten: „Man kann von einer guten Sache auch zu viel haben. Und das ist die Wahrheit.“ Wovon man aber gar nie zu viel haben kann, ist, die Abenteuer des Prinzen zu lesen, denn sie sind nicht nur historisch verbürgt, wie die „Chroniken“ ja beweisen, sondern auch äußerst akribisch recherchiert. Ein Gutteil der verbreiteten Geschichten ist nämlich tatsächlich passiert und eigentlich nur die Legende vom Singenden Schwert und Ritter ohne Furcht und Tadel entspringt der Fantasie des Autors. Bestechend sind aber nicht nur diese historischen Recherchen, sondern auch die wunderschönen Zeichnungen, denen Wolfgang J. Fuchs sogar knallige, expressionistische Farben unterstellt. Schön sind auch die Szenen wenn Murphy die ursprüngliche Geschichte von Foster historisiert, indem er sie in seiner Fortführung des Werks zitiert. So kann zumindest Eisenherz noch viele weitere Jahrhunderte weiterleben und die von Mordred angezettelte Karnickelplage spielend noch erleben.
John Cullen Murphy
Prinz Eisenherz 1993/1994
Gesamtausgabe Band 12
Mit einem Vorwort und Übersetzung aus dem Englischen von Wolfgang J. Fuchs www.bocola.com
[*] Diese Rezension schrieb: juergen weber (2016-01-31)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.