„Bier zu trinken war immer viel besser, als Zwiebeln zu essen. Meine Frau mag Bier nicht so sehr, und deshalb trank ich von den sechs Dosen vier und sie die anderen zwei.“, schreibt Murakami, denn wer Hunger hat, der kann ja auch Bier trinken. Aber wird der Hunger dadurch nicht noch größer? „Hunger hatten wir, so viel stand fest. Allerdings keinen gewöhnlichen, nein – uns kam es so vor, als hätten wir ein kosmisches Vakuum verschluckt.“ Und so ein Vakuum muss gefüllt werden. Aber womit nur? Nachdem Murakamis Erzählung „Schlaf“ weltweit mit Kat Menschiks Zeichnungen erschien, traf Murakami seine Illustratorin in Berlin und wünschte sich, dass sie weitere seiner Geschichten bebildert. Das Ergebnis sind „Die Bäckereiüberfälle“ in der die Protagonisten von Hunger angetrieben werden. Aber von Hunger worauf eigentlich? Oder einfach nur Hunger, egal was? „Der Bäckereiüberfall“ und „Der zweite Bäckereiüberfall“ erzählen die Geschichte eines Tauschgeschäftes, oder besser gesagt: einer Transaktion.
„So einen Hunger hab ich noch nie gehabt“, sagt meine Frau. „Ob das was damit zu tun hat, dass wir geheiratet haben?“ Das will der Protagonist natürlich nicht wissen, öffnet eine weitere Dose Bier und beginnt seiner Frau, die Geschichte seines ersten Banküberfalles zu erzählen. Sein Kumpel und er hatten einmal eine Bäckerei überfallen und statt Gefängnis hatten sie sich damit einen Fluch eingefangen. Der Bäcker schlug ihnen nämlich ein Tauschgeschäft vor: sein Leben und Wagner hören gegen seine Brötchen. Die beiden Kumpels ließen ihn leben und aßen alle seine Brötchen mussten sich dafür aber Wagner anhören und den Fluch des Bäckers auf sich nehmen. Seine Frau, dem der Bäckereiräuber seine Geschichte erzählt, will ihm dabei helfen, den Fluch wieder los zu werden und so geschieht der zweite Bäckereiüberfall. Die beiden fahren in einem alten Toyota Corolla mit zugeklebten Kennzeichen durch das nächtliche Tokyo auf der Suche nach einer Bäckerei, doch keine hatte nachts um drei geöffnet. Doch da stoßen sie auf etwas anderes, mit dem sie eventuell ihren unstillbaren Hunger doch noch besänftigen könnten. Eine liebevolle Geschichte wunderbar erzählt vom Großmeister des Fachs und noch dazu kunstvoll illustriert. Ein tolles Geschenkbuch allemal oder wer will kann sogar die Illustrationen von Kat Menschik als Siebdruck im Format von 39 x 58 beim Verlag erstehen.
Der preisgekrönte japanische Schriftsteller hat auch viele amerikanische Autoren ins Japanische übertragen, darunter Bücher von F. Scott Fitzgerald, Raymond Carver, John Irving und Raymond Chandler. Seine eigenen Werke wurden bislang in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Was über Murakami weniger bekannt ist, wird auf der Verlagseite beschrieben: „Nach dem Erdbeben von Hanshin und dem Gas-Attentat auf die Tokioter U-Bahn von 1995 kehrte Murakami nach Japan zurück, wo er zunächst Opfer des Attentats und schließlich auch Mitglieder der Aum-Shinrikyo-Sekte interviewte. Die Interviews erschienen in Japan in zwei Bänden; der zweite, „The Place that was promised“ (1998), wurde mit dem Preis der Kuwabara Takeo-Akademie ausgezeichnet. Eine Auswahl aus beiden Büchern wurde 2002 als deutschsprachige Ausgabe unter dem Titel „Untergrundkrieg“ veröffentlicht.“
Haruki Murakami
Die Bäckereiüberfälle
100 Seiten, Hardcover
Übersetz.(a.jap.) Larens, Damian
ISBN 978-3-8321-9636-3
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-08-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.