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Martin Mosebach - Das Blutbuchenfest
Buchinformation
Mosebach, Martin - Das Blutbuchenfest bestellen
Mosebach, Martin:
Das Blutbuchenfest

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(Bücher frei Haus)

Fällt in Literaturkreisen der Name des Büchnerpreisträgers Martin Mosebach, da scheiden sich gleich die Geister. Und das nicht etwa wegen unterschiedlicher Vorstellungen von der Qualität seiner Romane und Essays, sondern hauptsächlich wegen dem, wofür Martin Mosebach steht. Als überzeugter konservativer Katholik, der den lateinischen Ritus verteidigt, ist er für eine mehrheitlich religionskritische Kultur- und Literaturkritik ein Ärgernis.

Doch er, immer korrekt gekleidet mit Fliege und Einstecktuch, lässt sich davon nicht beirren. Er verfügt seit Jahren über ein beeindruckendes polemisches Temperament und wird auch mit seinem neuen Buch die Geister scheiden. Und das nicht nur, weil er Sofa mit ph schreibt und die deutsche Sprache in ihrer wunderbaren Vielfalt beherrscht wie kaum ein anderer. Sondern einfach deshalb, weil es ein Buch ist von Martin Mosebach.

Den Rezensenten hat der neue Roman mit dem Titel „Das Blutbuchenfest“ gefesselt von der ersten Seite an. Es ist ein Buch voll hintergründigem Witz und es zeugt in der Schilderung seiner unterschiedlichen Protagonisten von einer tiefen und reflektierten Menschenkenntnis seines Autors.

Der Roman spielt in Frankfurt. Es ist die Zeit Anfang der neunziger Jahre. Kaum war die Berliner Mauer gefallen und die Welt begann von einem neuen friedlichen Zeitalter zu träumen, da beginnen im zerfallenden Jugoslawien Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Ethnien und religiösen Gruppen, die man in Europa so nie mehr für möglich gehalten hätte.

Es ist die weibliche Protagonistin des Buches, Ivana, die, seit vielen Jahren schon illegal Frankfurt lebend, für viele andere Figuren aus dem illustren Kabinett Martin Mosebachs putzt, die die Verbindung herstellt zwischen dem einen Handlungsort Frankfurt und den teilweise ins Lächerlich-Absurde gezogenen Spleens seiner dort sich tummelnden Figuren und der demgegenüber fast archaisch anmutenden Heimat Ivanas in den bosnischen Bergen.

Die meisten Figuren, auch der namenlose Ich-Erzähler, ein gescheiterter Kunsthistoriker, der bisher nicht viel aus seinem Leben gemacht hat, treffen sich mehrfach in der Woche in einem angesagten Restaurant, bei Merzinger. Dort fröhnen sie an verschiedenen Tischen ihren aufgeblasenen und hohlen Ideen. Unter anderem der sich intellektuell gebende Wereschnikow. Er hat schon einmal mit Henry Kissinger gesprochen und er kennt Boutros Ghali. Mit deren Unterstützung will er mit einem internationalen Kongress über Menschenwürde insbesondere das Werk von Mestrovic, dem Michaelangelo Bosniens in einer Ausstellung zeigen.

Hier zeigt Mosebach seine politische Polemik gegenüber einer damals im Westen herrschenden Stimmung, die sich gegenüber dem atavistischen Geschehen des Bosnienkriegs völlig hilflos zeigte. Insbesondere die Kapitel, in denen Ivana, eine entfernte Verwandte des Bildhauers, und der Erzähler nach Bosnien reisen, zeigen in einer auch sprachlich beeindruckenden Weise, wie entfernt die beiden Welten voneinander sind.

Und dass, während dort der Krieg ausbricht, hier ein Fest gefeiert wird, bei dem es nur um Fressen und Saufen geht, spricht für sich.

Jede seiner vielen anderen Figuren, die hier nicht erwähnt werden, hat Mosebach meisterhaft gezeichnet. In einer Sprache und mit einer Grammatik, die mich jedenfalls auf jeder Seite neu gefangen genommen und begeistert hat. Mosebachs anspruchsvoller Stil macht sein Buch nicht zum Pageturner, dennoch kann man es kaum aus der Hand legen vor lauter stiller Begeisterung.

Martin Mosebach, Das Blutbuchenfest, DTV 2015, ISBN 978-3-423-14441-4

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-10-02)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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