Zwischen den 1960er Jahren bis Ende der 1970er tauchten in Morricone’s Werken neue Elemente auf, die man als Kommunikationsversuch zwischen zwei damals noch völlig verschiedenen Welten zusammenfassen könnte: der angewandten Musik und der Konzertmusik, schreibt der Herausgeber in einem der Begleittexte, die in diesem earBOOK Italienisch, Englisch und Deutsch abgedruckt sind. Auffallend war dabei auch, dass Morricone „vor allem intellektuelle Independent-Filme ohne explizite Absichten auf kommerziellen Erfolg, weil diese Filme meist hochwertig genug waren, um eine Musik zu rechtfertigen, die herausfordernd und völlig außerhalb des gängigen Kanons war. Das auffälligste Merkmal in Morricones Schaffensprozess ist aber die Experimentierfreudigkeit in Filmen ohne kommerziellen Anspruch“, so der Herausgeber.
Dichte Atmosphäre, stimmungsvolle Bilder
Das Gesamtwerk Ennio Morricones, der diese Tage auch seinen 85. Geburtstag feiert, wird auf 450 Kompositionen geschätzt. Dazu kommen 140 Konzerte, die jeden Rahmen und Beschreibung sprengen würden, denn Morricone ist in jeder Hinsicht unbeschreiblich einzigartig. Der 1928 im Stadtteil Trastevere in Rom Geborene, vermochte es nämlich wie kein anderer vor und wohl auch nach ihm, Klassik mit Moderne zu verbinden und dabei einen originär eigenen Stil zu entwickeln. Nicht umsonst schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Melodien von Ennio Morricone wirken wie Betäubung. Mit drei Intervallen hat er sich in die Ewigkeit geschrieben.“ Morricones Soundtracks werden sehr oft mit dem italienischen Regisseur Sergio Leone in Zusammenhang gebracht, aber auch andere Regisseure jüngerer Zeit – wie etwa Quentin Tarantino – greifen immer wieder gerne auf Morricones Kompositionen zurück. In Tarantinos jüngstem Streich, „Django Unchained“, werden neben Kompositionen aus früheren Werken auch ein extra für diesen Film komponiertes Lied für den Soundtrack verwendet.
Chronist seiner Zeit
Das earBOOK „Ennio Morricone“ zollt dem Römer mit dem Taktstock Tribut in einer einzigartigen Präsentation, wie man es nur von earBOOKs kennt: Filmfotografien und Porträts von Morricone, Texte über seine Arbeit, eine komplette Filmographie mit allen seinen „Soundtracks“, einer Tracklist und einer Liste seiner unzähligen Awards und natürlich auch mit seiner Musik auf 4 CDs mit ausgewählten Stücken aus seinem bisherigen (!) Lebenswerk. Die CDs enthalten insgesamt über 60 Musiktracks von Ennio Morricone aus den berühmtesten Filmen wie z. B: „Spiel mir das Lied vom Tod”, „Zwei glorreiche Halunken”, „Für eine Handvoll Dollar”, „Es war einmal in Amerika”, „Mein Name ist Nobody”, „Ein Käfig voller Narren”, „Die Unbestechlichen” oder „Corleone - der Aufstieg des Paten.” Auf CD4 befinden sich Kompositionen, die vielleicht weniger bekannt sind und geradezu psychodelisch wirken, denn Morricone’s Werk ist so vielschichtig, wie die Dekaden, die er repräsentiert und die er wie kein anderer stiltypisch instrumentiert hat. Morricone hat seine Zeit wohl ebenso geprägt, wie sie ihn.