Die sogenannte Picture Disc hat zwar im Zeitalter der CD und von MP3 ausgedient, dennoch wird sich der eine oder andere Sammler noch gerne an die bunten Zeiten von „coloured vinyl“ erinnern. Aber nicht nur das Farbenspektrum der bisher Schwarzen Scheibe genannten Schallplatten wurde Ende der Sechziger erweitert, sondern auch das Format. Die spektakulärsten Ausgaben reichen von Stern- bis Stoneszunge oder von einer Platte in Stars und Stripes Fahnenformat hin zur Party Girl shaped Single von Grace Jones. Der Phantasie sind nun einmal keine Grenzen gesetzt, auch dem schlechten Geschmack nicht, übrigens.
„Nichts ist so erhebend wie der Moment, in dem man eine Schallplatte in die Hand nimmt, sie aus ihrer Hülle befreit, den Staub wegbläst und sie vorsichtig auf den Plattenteller legt“, schreibt Giorgio Moroder und wer dabei an eine der anderen Tätigkeiten von Djs denkt, ist tatsächlich ein Schurke. Dieses Buch ist ganz einfach eine Liebeserklärung an Vinyl, schreibt Moroder, „Musik die wir mögen ist mit unendlich vielen Emotionen beladen“ und das gilt wohl genauso mit dem Drumherum und den damit verbundenen Erinnerungen, als man die erste Schallplatte auf den Plattenteller legte. Meine erste Erfahrung diesbezüglich waren übrigens die Doors, die mit dem Refrain „Take it easy baby, take it as it comes“ meinen Plattenspieler gleich zertrümmerten, weil ich die Anlage so laut aufgedreht hatte, dass der eine an der Wand befestigte Lautsprecher ins Schwanken geriet und auf die sich drehende Platte runterdonnerte.
Vinyl ist eigentlich nur ein Kunststoff, schreibt Alessandro Benedetti in seinen Erklärungen, ein PVC-Granulat, das eigentlich vor seiner Verarbeitung weiß ist. Die schwarze Farbe gibt dem Vinyl eine Dickflüssigkeit, die anderen Färbungen abgeht, das bedeute aber nicht – meint Benedetti – dass Schwarze Scheiben unbedingt besser klingen müssten. Schwarzes Vinyl ist einfach öliger und löst sich deswegen leichter von der Presse, was zu weniger Unebenheiten führt. Wenn der Pressvorgang aber korrekt verläuft kann ebenso gut eine pink vinyl dabei herauskommen, die ebenso gut klingt wie ihr schwarzes Pendant. Zumeist wurden farbige Vinylscheiben zu Werbezwecken an Djs verschickt, einige davon werden hier wohl auch deswegen präsentiert, weil es sich um Unikate handelt, die nicht einmal Sammlern bekannt sein dürften. Farbiges Vinyl hat nämlich eine begrenzte Auflage von 1000 oder sogar nur 500 Stück und deswegen sind sie natürlich auch mehr wert. Eine orangefarbene italienische Ausgabe von Pink Floyds The Wall ist z.B. 1800.-€ wert, aber natürlich nur, wenn man auch jemanden findet, der sie einem zu diesem Preis abkauft. Ich selbst hatte einmal eine Nirvana „Bleach“ pink vinyl und habe dafür vor 5 Jahren gerade mal 100.-€ bekommen. Ob die heute wohl mehr Wert hätte?
Der Preis wäre eigentlich eine interessante Angabe gewesen, die bei den hier aufgelisteten Sammlerstücken fehlt. Die Alben sind zwar dreisprachig beschrieben, Erscheinungsjahr, Titel, Label usw aufgelistet, Cover abgelichtet, aber leider fehlen nähere Angaben zum geschätzten Wert, der wohl auch von Land zu Land (das Buch stammt wohl aus Italien) variieren wird. Viele großformatige Bilder – etwa Prince mit „Purple Rain“, sowie Single-Rück- und Vorderseite sind zu sehen, auch ein kleiner Text erzählt das Wichtigste über die Scheibe mit dem großen Loch in der Mitte. 33 Millionen Stück wurden etwa von diesem Album verkauft. Wieviele purple vinyls davon im Umlauf sind, kann man aber nur vermuten. Lustig sind dann wie gesagt vor allem die Abbildungen der verschiedenen Albumformate, auch der Kontinent Australien ist etwa dabei, oder ein Puzzle der Thompson Twins, und die Picture Discs von Samantha Fox oder Whitney, die so groß sein dürften, dass sie auf einem herkömmlichen Plattenspieler gar nicht mehr Platz haben dürften. Ein eigenes letztes Kapitel bilden dann noch die Erotik-Picture-Discs, etwa eine nackte Jayne Mansfield oder diverse Jazz-Sampler wie etwa „le coeur qui jazze“ mit einer Sombrerobedeckten Schönheit. Mit absolutes Highlight wäre wohl Ernie&Emilio Caceres mit einem gezeichneten vinyl von Robert Crumb, aber das dürfte mein Budget bei weitem übersteigen. 1200 Vinyl Scheiben erwarten Sie, vielleicht ist auch Ihr Lieblingsscheibe dabei!
Extraordinary Records – Außergewöhnliche Schallplatten – Disques extraordinaires
Introductions by Giorgio Moroder and Alessandro Benedetti
Dreisprachig (Deutsch-Englisch-Französisch)