Als genialen Dichter der „Galgenlieder“ ist der vor einhundert Jahren gestorbene Christian Morgenstern bekannt. Viele schätzen neben dem scharfsinnigen Sprachwitz der Galgenlieder auch seine anderen Texte humoristischer Dichtung. Oft als reiner literarischer Nonsens verkannt, sind seine Texte keine Spielerei, sondern wie er selbst einmal sagte „Spiel- und Ernst-Zeug.“
Nun werden seine bisher relativ unbekannt gebliebenen Liebesgedichte des Dichters in einer schönen roten Leinenausgabe des Urachhaus-Verlags präsentiert. Es ist dieser anthroposophische Verlag, der sich der Werkes Christian Morgensterns und seiner Erforschung in besonderer Weise seit langem angenommen hat, war Morgenstern doch schon früh ein Anhänger Rudolf Steiners.
Ein „Rätselglück zu lieben“ hat Morgenstern seine Erfahrung der Liebe einmal genannt und immer wieder ist er in den hier vorliegenden Gedichten dem eigentlich nicht in Sprache zu fassenden Phänomen auf der Spur, warum es gerade diese beiden sind, die sich da gefunden und ineinander verliebt haben. „So unaussprechlich eins zu zweit“ heißt es in einem Gedicht.
Ein Grund dieser letztlich mit der Sprache nicht völlig zu erfassenden Liebe ist ER:
„Ich habe den MENSCHEN gesehen in seiner tiefsten Gestalt,
ich kenne die Welt bis auf den Grundgehalt,
Ich weiß, dass Liebe, Liebe ihr tiefster Sinn,
und dass ich da, um immer mehr zu lieben, bin.
Ich breite die Arme aus, wie ER getan,
ich möchte die ganze Welt, wie ER, umfahn.“
Schöne, tiefgründige und oft sehr spirituelle Liebeslyrik ist das, die lange nachwirkt und im Leser viele eigene Erfahrungsassoziationen auslösen kann
Christian Morgenstern, Liebesgedichte, Urachhaus 2014, ISBN 978-3-8251-7886-4
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-03-26)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.