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Gael Morel - Le clan - Brüderliebe
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Morel, Gael:
Le clan - Brüderliebe

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(Bücher frei Haus)

Ist das Frankreichs Gegenwart und Zukunft? Der Vater ist ein eingeborener Franzose, die Mutter arabisch, aus Algerien. Sie haben drei Söhne und leben in Annecy, Savoyen. Die Alpenkulisse täuscht ein wenig - diese Menschen könnten auch in der Nähe von Paris wohnen. Die Mutter stirbt früh, der Vater ist überfordert, alle trauern anhaltend. Die Söhne sind jetzt zwischen siebzehn und etwa zwanzig.

Die Familienkonstellation erinnert an Brüder in Romanen von Dostojewski. Jeder von ihnen steht für ein anderes Modell, wie man erwachsen wird. Der älteste Bruder geht den Weg der Arbeit und der Anpassung an die Gesellschaft. Der mittlere wählt den Weg der Gewalt und zerstört sich beinahe selbst. Der jüngste schwankt zwischen Selbstverwirklichung außerhalb der Familie und Hingabe an den problematischen Bruder.

Zu Beginn sitzt Christophe (Stéphane Rideau) im Gefängnis. Marc, der mittlere Bruder (Nicolas Cazalé), streitet viel mit seinem Vater und arbeitet nicht. Er handelt mit Drogen. Sein Verhältnis zu Olivier, dem jüngsten Sohn (Thomas Dumerchez) ist brüderlich innig. Man wartet auf Christophes Rückkehr. Marc bekommt wegen der Drogen Ärger mit einer Motorradgang. Zwei Männer "bestrafen" ihn und traumatisieren ihn dabei noch mehr seelisch als körperlich.

Christophe kommt heim. Er hat sich verändert und will ein anständiges Leben führen. Er wird Arbeiter in einer Fleischfabrik. Durch seinen Fleiß erreicht er bald die Stelle eines Vorarbeiters. Christophe will Marc nicht gegen seine Feinde beistehen. Er hat die Familie und ihre Probleme satt. Marc realisiert seine Rache allein und rast dabei mit dem Auto gegen einen Baum.

Olivier experimentiert mit seiner Homosexualität. Er hat ein Verhältnis zu Hicham, einem jungen Araber (Salim Kechiouche). Obwohl sie gut harmonieren, löst sich Olivier von ihm, aus Rücksicht auf die Brüder. Hisham verlässt Annecy enttäuscht und geht nach Paris. Christophe hat nun eine Freundin und wird mit ihr bald eine eigene Wohnung beziehen. Olivier kümmert sich um den durch seine Verletzungen schwer behinderten Marc. Am Ende des Films hat Olivier eine Beziehung zu einem anderen jungen Mann. Dieser verlässt nun seinerseits ihn, da er den engen Zusammenhalt der Brüder untereinander nicht erträgt.

Der Film ist wie ein einziger langer Schnitt mit dem Seziermesser. Das freigelegte Gewebe, das ist die französische Familie und Gesellschaft von heute, die französische Jugend von heute, ihre Wünsche und Ängste. Manchmal ist der Film fast zu schön, manchmal derart brutal, dass Hinsehen zur Qual wird. Er erscheint mir immer wahrhaftig. Wir erleben ausführlich, wie es in einer Fleischfabrik zugeht: modern, pieksauber und effizient, auf Kosten der Arbeiter. Wir müssen uns ansehen, wie ein Kampfhund von seinem Halter gnadenhalber getötet wird. Die Sexszenen sind ... nun ja, authentisch. Es wird viel auf der Straße oder am Strand getanzt. Es ist Capoeira, ein brasilianischer Sklaventanz. Wir fliegen mit, wenn Olivier zum ersten Mal mit dem Gleitschirm in die Tiefe stürzt.

Es ist einer der Filme, die man wiederholt ansehen muss, um ihnen auch nur annähernd auf den Grund zu kommen. Allmählich wird man gewahr, wie tief es da hinabgeht. Der Film ist - eine bereichernde Zumutung.

[*] Diese Rezension schrieb: Arno Abendschön (2012-03-25)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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