„Viveri universum visus vici“ heißt es in Goethe`s Faust und nicht zuletzt darauf begründet sich auch die Namensgebung des geheimnisvollen Protagonisten, der sich stets hinter der inzwischen vor allem durch die Occupy!-Bewegung bekannten Maske verbirgt. Er schreibt diesen Satz mit fünf V und fünf, also römisch V, war auch die Nummer seiner Zelle im Lager. Alles „funf“, also?
Vendetta heißt Rache
Mitnichten. Denn die Geschichte spielt in einem faschistischen Nachkriegsengland, dessen Diktatur einzig durch unseren Protagonisten herausgefordert wird. Der „Graf von Monte Christo“ des 20. Jahrhunderts zitiert neben dem oben schon erwähnten Goethe aber auch Shakespeare oder Arthur Koestler`s „Roots of Coincidence“ und Branowski. Die Geschichte ist genial durchkonzipiert und atmosphärisch sehr dicht. Besonders die Beziehung zu dem jungen Mädchen Evey, die der Rächer unter seine Fittiche nimmt, lässt einem den Atem stocken und man schluckt und ringt, ihn wiederzuerlangen. Wie konnte gerade er ihr das antun, wo er es doch selbst erlebt haben musste, wie schrecklich Folter ist? Beziehungskerker und andere
„Ich habe dich nicht in einen Kerker geworfen, Evey“, sagt er, „Ich habe dir nur die Gitter gezeigt“. „Du sitzt in einem Gefängnis, Evey. Du wurdest in einem Gefängnis geboren. Du lebst schon so lange in einem Gefängnis, dass du nicht mehr glaubst, draußen gäbe es eine andere Welt“, eröffnet V seinem Schützling. „Weil du Angst hattest, Evey. Weil du fühlst, wie sich die Freiheit um dich enger zieht. Du hast Angst, weil die Freiheit erschreckend ist. Das ist der wichtigste Moment Deines Lebens (…) Sie haben dir die Wahl zwischen dem Tod deiner Prinzipien und dem Tod deines Körpers angeboten.(…) Du sagtest du würdest lieber sterben.“ Aber fügt der Kerkermeister düster hinzu: „(…) Die Tür des Käfigs ist offen…“.
Guy Fawkes Vermächtnis
Neben dieser zwischenmenschlichen Dimension hat „V wie Vendetta“ aber auch eine politische. Die Figur des Diktators, der seine Maschine liebt, und selbst nie Liebe empfangen noch gegeben hat, mag zwar etwas dünn ausgefallen sein, aber dafür ist der Kommissar, der ein Verhältnis mit einer KZ-Ärztin hatte, die selbst zum Opfer unseres geliebten Rächers wird, umso glaubwürdiger. Als er die Fakten über das Vorleben seiner Geliebten erfährt, schlägt er den Erzähler voller Wut nieder und wird daraufhin vom Dienst suspendiert. (Bernhard Schlink’s „Vorleser“ lässt grüßen.) Er begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung der Geschichte und findet im Lager „Larkhill“, einem englischen KZ, die Wahrheit über V heraus. Er ist es auch der unseren „Guy Fawkes des 20. Jahrhunderts“ am Ende zur Strecke bringt.
511: The Bonfire Night
Mit „remember, remember, the fifth of November!“, wird alljährlich in London der Parlamentszündler Guy Fawkes zitiert, der im Jahre 1605 versucht hatte, das britische Oberhaus anzuzünden. „Remember, remember the fifth of November of gunpowder treason and plot. I know of no reason why the gun powder treason should ever be forgot”, reimt Alan Moore. Fawkes, Katholik, wollte den protestantischen König an seine Pflichten, die er gegenüber allen Untertanen wahrzunehmen habe, erinnern. Guy Fawkes Plan scheiterte aber aufgrund des Verrats eines seiner Mitverschwörer und Guy Fawkes wurde schließlich gefoltert und hingerichtet. Jedes Jahr in der sog „bonfire night“ feiern die Briten aber auch heute noch den fünften November mit einem zünftigen Feuerwerk, wobei es nicht ganz klar ist, ob zu Ehren Guys oder des Königs. Am Ende dieser Ausgabe findet sich auch ein Artikel „Hinter dem gemalten Lächeln“ und eine kurze Zusatzgeschichte über V, den Rächer. Wer das Glück hatte, ein Stück der auf 2000 gedruckte Exemplare limitierten Sonder- Edition mit V-Maske zu ergattern, dem sei hier - ganz nonchalant - mein voller Neid ausgedrückt.
Alan Moore/David Lloyd
V wie Vendetta
Alan Moores legendäres Meisterwerk aus den 80er Jahren in Neuauflage!
292 Seiten
Edition mit V-Maske!
35,00 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-04-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.