Können Goethes klassische Figuren Faust und Mephisto heutzutage noch fesseln? Können Sie als Protagonisten einen modernen Roman tragen? Funktionieren Sie in einem epischen Fantasy-Rahmen?
"Faust und die Tragödie der Menschheit" von Roman Möhlmann beantwortet diese Fragen mit einem klaren und deutlichen "ja".
In Möhlmanns großem Roman, der verschiedenste Genres innovativ mixt, am ehesten jedoch der Phantastik zuzuordnen ist, werden Goethes Protagonisten in die moderne Welt von heute versetzt. Nach langem Aufenthalt im Himmel - die Ereignisse aus Faust I und II liegen, wenn man so will, in ferner Vergangenheit - entschließt sich Faust, mit Mephisto eine Zeitreise durch die gesamte Menschheitsgeschichte zu unternehmen. Dabei ahnt er nicht, dass all dies nur Teil eines größeren Plans ist und obendrein eine Ablenkung, da die Teufel der Hölle ein für alle mal die Seelen der Menschen für sich gewinnen wollen. Die Geschichte, die von weiteren Hauptfiguren wie dem Erzengel Gabriel, einem Vatikan-Agenten namens Römer, dem zurückgekehrten Valentin und dem myteriösen Weltenwandler weiter vorangetrieben wird, gipfelt nach Besuchen in der fantasyhaften Zwischenwelt und allerlei politischen Macht- und Ränkespielen auf Erden schließlich in einem endzeitlichen Showdown, bei dem Faust und Mephisto letztlich erneut die entscheidenden Rollen spielen.
Bis dahin begleitet der Leser die unterschiedlichen Protagonisten über 300 Seiten interessanter und sehr facettenreicher Handlung, die einen zusätzlichen Reiz durch die Tatsache bekommt, dass sie randvoll gespickt ist mit Zitaten und Hommagen an berühmte Klassiker nicht nur der Literatur, sondern maßgeblich auch der Filmwelt. Das ganze ist professionell geschrieben, ausgezeichnet lesbar und ordentlich spannend. Dass der Autor bei allem Überschwang in einigen actionlastigeren Szenen auch ruhig einen Gang hätte zurückschalten können, sei ihm verziehen, schließlich mindert dieser kleine Einwurf das Lesevergnügen keinesfalls.
Für alle, die wissen wollen, was passiert, wenn man Klassiker-Motive mit modernem Fantasy-Stoff und Endzeit-Thriller kreuzt, ist dieses Buch eine uneingeschränkte Empfehlung wert. Wer allerdings eher phantastisch angehauchten Stoffen wenig abgewinnen kann, sollte lieber zu bodenständigeren Titeln greifen - verpasst hier aber sicherlich etwas!
Roman Möhlmann: „Faust und die Tragödie der Menschheit“, Norderstedt 2007, 18 €
ISBN 978-3833490057
[*] Diese Rezension schrieb: A. Berndt (2007-05-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.