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Rezensionen


 
Ana Miralles - Djinn 1-4 Erster Zyklus

Die ersten vier Geschichten der Djinn Reihe, der so genannte „osmanische“ Zyklus, erscheint in dieser Ausgabe erstmals in ein Buch gebunden und realisiert nicht nur diesen Zyklus, sondern darüber hinaus auch ein umfangreiches Bonusmaterial, das in die Arbeitsweise des Dreamteams Ana Miralles und Jean Dufaux einweiht. Ihre „Djinn“-Geschichte um Kim Nelson, Jade, Lady und Lord Nelson, Ebu Sarki und Amin Doman sucht seinesgleichen und ist einzigartig nicht nur in ihrer Ausführung, sondern auch in der Weise, wie die Geschichte erzählt wird. Dabei war es gar nicht immer so einfach, diese Djinn so darzustellen, dass alle Beteiligten auch immer damit zufrieden waren. Dufaux erzählt im Anhang nämlich durchaus auch von den Schwierigkeiten, die die beiden miteinander hatten, sich über den Plot zu einigen. „Ana rebelliert. Die Entwicklungen gefallen ihr nicht. Zwischen Szenarist, zeichnerin und Verlag laufen die Telefone heiß. Kim verliert ein wenig ihre Lockerheit, ihre Miene wird starrer, ihr Lächeln wirkt gezwungen. Ich wälze Gedanken, habe schlaflose Nächte. Dies ist nicht mehr ihre Kim Nelson.“

Körper werden unterworfen, geschändet, gefoltert, der Harem wird bald nicht mehr nur ausschließlich zu einem Reich der Phantasien, sondern zu einem Hort der Schmerzen, ein bodenloser Brunnen, schreibt Dufaux über den zweiten Teil des osmanischen Zyklus. Doch im dritten Teil setzen sich die Kräfte der Veränderung schließlich ganz durch. Nicht nur Lord Nelson macht eine Entwicklung durch, wirkt abgemagert, erschöpft und gleichzeitig umso wilder entschlossen. Ana stürzt sich auch in Band 4 wieder voll ins Getümmel, schreibt Dufaux, „Die Leidenschaften lodern, die Zeitschlinge zieht sich um den Schatz und seinen ehemaligen Besitzer zu. Für den Sultan geht eine Welt unter: seine persönliche, die seiner Dynastie und die eines ganzen Weltentwurfs.“ Und für den Leser geht eine Sonne auf. Er darf dabei sein und mit den Heldinnen von Miralles/Dufaux durch die Basare streifen und in die hintersten und verstecktesten Winkel der Stadt, der einen und einzigen, Istanbul, kriechen.
Aber was oder wer sind eigentlich diese „Djinns“? Die Djinns sind Geister, „reiner“ Geist sozusagen und wer an ein Leben nach dem Tod glaubt, wird zugeben müssen, dass sie über einen längeren Atem verfügen als die Materie, der Körper oder das einzelne Individuum. „Diese Geschichte beginnt und endet mit dem Körper“, schreibt Jean Dufaux im Geleitwort zu Band 1 und fügt hinzu, dass der weibliche Körper stets über den Mann den Sieg davon getragen habe. Wohl besonders dann, wenn sich ein mächtiger Djinn in einem begehrenswerten und grazilen weiblichen Körper eingenistet hat. Die junge, etwas naive und umso hübschere Engländerin Kim Nelson macht sich auf die Suche nach dem Geist ihrer Großmutter, die einmal in Istanbul gelebt haben soll und dort sogar im Harem des Sultans aufgenommen worden war. Anfangs wendet sie sich an etwas zwielichtige Gestalten und kommt so bald in des Teufels Küche, bis ihr der strahlende Retter und Taschendieb Malek aus der Patsche hilft. Doch auch er ist in die Verbrechen der zwielichtigen Geschäftemacher indirekt verwickelt, bringt er Kim doch ausgerechnet zur Puffmutter Fazila, die natürlich – Service is our Success – für Geld alles macht. In der zweiten Zeitebene wird der Leser in das Istanbul des Jahres 1912 entführt, wo er auf die unvergleichliche Schönheit „Jade“ stößt, die als Favoritin des Schwarzen Sultans die Aufgabe hat, einen prominenten Engländer zu verführen, um dadurch politischen Vorteile für das damalige Osmanische Reich herauszuholen. Die Türkei kämpfte im Ersten Weltkrieg bekanntlich an Deutschlands Seite und war nach 1918 von den Alliierten besetzt. Jade ist eine grausame Haremsdame, die auch vor dem Kindesmord ihrer größten Konkurrentin nicht zurückschreckt. Doch die Zeitmaschine des Erzählers wechselt wieder geschickt zu Kim in unsere Jetztzeit, wo sie auf den undurchsichtigen Amin Doman stößt. Aber ist er nicht genau derjenige, der sie von Fazila gekauft hat, obwohl sie nie für sie arbeitete?
Wie schrieb schon Goethe, der von Dufaux leidlich im Nachwort zitiert wird, im „Westöstlichen Divan“: „Wir sind aus den Elementen geschaffen/Aus Wasser, Feuer, Erd` und Luft/Unmittelbar; und irdischer Duft/Ist unserem Wesen ganz zuwider./Wir steigen nie zu euch hernieder;/Doch wenn ihr kommt bei uns zu ruhn,/Da haben wir genug zu tun.“ So spreche die „Huri“, laut Goethe. Und Suleika antwortet bei Goethe mit denselben süßen Worten: „Ach, um deine feuchten Schwingen,/West, wie sehr ich dich beneide./Denn du kannst ihm Kunde bringen,/ Was ich in der Trennung leide.//Die Bewegung deiner Flügel/Weckt im Busen stilles Sehnen;/Blumen, Augen, Wald und Hügel/Stehn bei deinem Hauch in Tränen.“

Ana Miralles • Jean Dufaux
Djinn 1-4
Erster Zyklus
32,80 | gebunden | Farbe |
224 Seiten
Schreiber & Leser
2011
Übersetzt von Resel Rebiersch

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-08-14)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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