„Wir sind keine denkenden Frösche, keine Objektivir- und Registrir-Apparate mit kalt gestellten Eingeweiden, - wir müssen beständig unsre Gedanken aus unserem Schmerz gebären und mütterlich ihnen Alles mitgeben, was wir von Blut, Herz, Feuer, Lust, Leidenschaft, Qual, Gewissen, Schicksal Verhängnis in uns haben. Leben – das heißt für uns Alles, was wir sind beständig in Licht und Flamme verwandeln, auch Alles was uns trifft, wir können gar nicht anders“, schreibt Friedrich Nietzsche in seiner Vorrede zur „Fröhlichen Wissenschaft“ 1886 und man mag fragen, was ihn so fröhlich gestimmt hat, dem Schmerz so viel abzugewinnen. Alltägliches und Akademisches Philosophieren
„Ich zweifle, ob ein solcher Schmerz `verbessert´-; aber ich weiß, dass er uns vertieft“, heißt es dann ein paar Zeilen weiter bei Nietzsche und bald leuchtet einem ein, worauf der Philosoph tatsächlich hinauswill. Man kann durchaus ohne Philosophie leben, aber besser lebt man sicherlich mit ihr. Dabei unterscheidet die Herausgeberin selbst zwischen alltäglichem und akademischem Philosophieren, wobei letztere die Methoden zu Beantwortung der gestellten Fragen vermittle. Während Holmer Steinfath an die antike Tradition anknüpfen mochte, nämlich an die Frage nach dem guten Leben, betrachtet Rüdiger Bittner die Philosophie als bloßen „Korb“ in den man seit jeher verschiedene Fragen gelebt habe, denen aber eine sachliche Einheit fehlen würde. Natürlich stellt sich für den Fachdidaktiker vor allem die was man denn nun unterrichten solle, in der Philosophie. Der gute Philosophieunterricht sollte „die Fähigkeit befördern, klar denken und sich ausdrücken sowie schlüssig argumentieren zu können“, so Meyer. Ausgehend von den klassischen Texten eines Platon über Sokrates, Aristoteles und Epikur, aber auch durch David Hume, Kant, Hegel, Nietzsche und Bertrand Russell verfolgt die Herausgeberin die Frage, wozu philosophieren notwendig ist. Die Beantwortung überlässt sie dann aber den zeitgenössischen Autoren Steinfath, Bittner und Peter Schaber, Ekkehard Martens, Günther Patzig, Holm Tetens, Dieter Birnbacher und Johannes Rohbeck.
Philosophieren verbindet
Während David Hume in seinem hier abgedruckten Text eine überraschende Analogie zwischen Jagen und Philosophieren herstellt, indem er beidem Zielgerichtetheit unterstellt, stellt Kant das Philosophieren selbst in den Vordergrund, nämlich als das, was es eigentlich zu erlernen gäbe. Schließlich ist die Unmündigkeit das Unvermögen sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen, wie es in seinem berühmten Zitat über die Aufklärung heißt. Für Bertrand Russell wiederum ist das Ziel der Philosophie eine „Art von Erkenntnis, die sich aus einer kritischen Überprüfung der Gründe für unsere Überzeugungen, Vorurteile und Meinungen ergebe“. Die Philosophie befreit uns von zu engen persönlichen Zwecken und „macht uns zu Bürgern der Welt und nicht nur zu Bewohnern einer ummauerten Stadt, die mit der Welt vor ihren Toren im Krieg liegt“, so Russell. Philosophie war in der Antike eine Lebensweise, heute ist sie vielmehr ein Fach, das an Schulen und Universitäten unterrichtet wird. Jeder der philosophiere, thematisiere zwar immer auch sein eigenes Selbstverständnis mit, schreibt auch Steinfath, aber dennoch könne man durch sie etwas entdecken, „das nicht nur wieder wir selbst sind“. Liegt der Wert der Philosophie also nicht auch daran, dass sie uns mit anderen Menschen verbindet und das Gemeinsame über das Trennende stellt? Denn wer klare Gedanken hat, wird auch klar reden und so auch verstanden werden. „Das Suchen der Wahrheit, nicht der Besitz der Wahrheit ist das Wesen der Philosophie“, heißt es bei Karl Jaspers, aber es geht auch darum Antworten zu finden und diese anderen Suchenden zugänglich zu machen.