Rainer Merkels letzter großer Roman „Bo“, die Geschichte über eine Jungen, der in Liberia seinen bei der GTZ arbeitenden Vater sucht und dabei mit einem amerikanischen Mädchen namens Brilliant so manches Abenteuer erlebt, war das literarische Produkt eines langen Aufenthaltes des Autors in Liberia. Rainer Merkel war als embedded journalist nicht nur in Liberia, sondern auch im Kosovo und in Afghanistan. Er hat über diese Aufenthalte und die Erfahrungen die er dort gemacht, viele Essays und andere Texte geschrieben.
Nun legt er einen neuen Roman über die Stadt Beirut, oft als „Paris des Ostens“ bezeichnet, vor. Der Roman erzählt von einer Dreiecksbeziehung zwischen der Deutschen Rosie, die in der Hoffnung auf ein neues Leben nach Beirut gereist ist, dem libanesischen Modemacher Rafik, der Schiit ist, dem syrischen Christen Daoud und dem Soldaten Thierry.
Die sich anbahnenden, durchkreuzten und neu verhandelten Liebesbeziehungen im Roman spielen sich vor der Kulisse des Bürgerkriegs ab. Ein Scharfschütze verwundet junge Menschen, die in Untergrundkrankenhäusern behandelt werden müssen, die Männer fahnden nach dem Nutzen der Schuld, Rosie fragt nach dem Religiösen in der Natur, sucht nach der Liebe in einer Stadt ohne Gott - und verschwindet dann auf einmal in den Ruinen von Baalbek. Der Roman wird getragen durch Dialoge und Reflexionen, die Handlung tritt dagegen zurück. Er ist eine eindringliche Botschaft einer Jugend, die ohne Gott auszukommen sucht.
Rainer Merkel, Stadt ohne Gott, S. Fischer 2018, ISBN 978-3-10397348-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-09-03)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.