Ina-Maria Martens - Tutto sembrava normale - Eigentlich war alles normal Sieben Erzählungen aus den letzten zwölf Jahren des 20. Jahrhunderts
Buchinformation Martens, Ina-Maria: Tutto sembrava normale - Eigentlich war alles normal Sieben Erzählungen aus den letzten zwölf Jahren des 20. Jahrhunderts
„Oppure è proprio vero che ci sono esseri così, fortunati, sui quali il dolore passa come un´ombra rapida e leggera“ (Oder stimmt es tatsächlich, dass es solche glücklichen Wesen gibt, über die der Schmerz hinwegzieht wie ein schneller, leichter Schatten), schreibt Simona Vinci in ihrer Geschichte „Unterwegs mit den roten Schuhen“, die in der Reihe zweisprachige Texte bei dtv in vorliegendem Sammelband mit italienischen Kurzgeschichten erschienen ist. Simona Vinci zeigt in „In viaggio con le scarpe rosse“ den inneren Monolog einer jungen Frau (ich) und zweier dreizehnjähriger Mädchen (wir) und setzt so ein Stück Familiendrama auf dem Flug Athen-Rom zusammen.
In Antonio Debenedetti’s „L' inquilino misterioso (Der geheimnisvolle Mieter)“ wird die plötzliche heftige Erinnerung einer Frau an die Begegnung mit einem Verfolgten, in ihrer Kindheit, also vor langer Zeit zu einem Stück Gewissens-Erforschung. Claudio Piersanti „La moglie di Angelo (Angelos Frau)“ kann wiederum als eine erotisch-psychologische Fall-Studie bezeichnet werden. Susanna Tamaro „L'isola di Komodo (Die Insel)“ schildert eine Parabel vom Anderssein, Michele Mari „I palloni del signor Kurz (Die Fußbälle des Herrn Kurz)“ wird für zwei Schuljungen das runde speckige Leder zum Gegenstand der Seligkeit wie für Parzival der Gral. Marco Bacci „Non fosse morto a Praga? (Wäre er nicht in Prag gestorben) verhandelt die Möglichkeit von Kafkas Rückkehr als Insekt mit einer Anspielung an Gregor Samsas Verwandlung. Elisabetta Rasy lässt ein junges Mädchen in der homonymen Geschichte „Matelda“ die Macht der Sprache entdecken und wie sehr sich die Wahrnehmung verändern kann, wenn man selbst freundlich in den Wald hineinruft. Dann kommt es nämlich auch ebenso freundlich zurück, das Echo.
Die zweisprachige Reihe des dtv Verlages gibt es natürlich auch in anderen Sprachen und ist sehr hilfreich beim Studium der jeweiligen Sprache. Vor allem fortgeschrittene Lerner profitieren enorm davon, aber auch Debüttanten bekommen etwas geboten, da die Kurzgeschichten-Sammlungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden erscheinen (Achten Sie auf die Sterne am Buchrücken). „Prime Letture“ (Erste italienische Lesestücke) trägt etwa nur einen solchen Stern und kann somit auch von Absoluten Beginnern verstanden werden. Leggere e non intendere è come cacciar e non prendere, heißt ein hier eingangs zitiertes italienische Sprichwort: „Lesen und nicht verstehen heißt jagen und nichts fangen. Aber genau das kann bei der zweisprachigen Reihe „dtv zweisprachig“ eben nicht passieren.
Ina-Maria Martens/Emma Viale-Stein (Hg.)
Tutto sembrava normale - Eigentlich war alles normal
Sieben Erzählungen aus den letzten zwölf Jahren des 20. Jahrhunderts
215 Seiten, dtv, 2015
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-02-23)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.