Natürlich hat sich Petros Markaris, der insbesondere in Deutschland in den letzten Jahren durch differenzierte Stellungnahmen zur finanziellen Situation seiner Heimatlandes Griechenland, deren Ursachen und möglichen Lösungen aufgefallen ist, auch in seinem neuen Fall für seinen Kommissar Kostas Charitos mit den Folgen der Finanzkrise in seinen Land beschäftigt.
Auch wenn natürlich die Geschichte, die erzählt wird, erfunden ist, sind doch, so wie in allen früheren bisher erschienenen Bänden (Hellas Chanell, Nachtfalter, Live!, Der Großaktionär, Die Kinderfrau und Faule Kredite, Zahltag und Abrechnung) auf fast jeder Seite soziale und politische Informationen und Analysen und am Beispiel von Kostas` Familie auch das private Schicksal von Menschen eingeflossen.
Im neuen Buch geht es um die Taten und Absichten einer selbsternannten Gruppe namens „die Griechen der fünfziger Jahre“, der mit Drohbriefen und auch durchgeführten Morden erreichen will, dass nicht nur die Politik “zurück auf Start“ geht und für mehr Gerechtigkeit im Lande sorgt und der Korruption endlich den Kampf ansagt. Lange tappen Charitos und seine bewährte Crew wieder im Dunkeln.
Doch auch in seiner eigenen Familie spürt Kostas die dramatischen Folgen der Krise. Der Roman ist 2012 in Griechenland erschienen. Markaris konnte die danach sich entwickelnde Situation also nur erahnen, auch wenn ich nach der Beschreibung der Lage im neuen Roman sicher bin, dass sie ihn nicht überrascht. Am Ende lässt er seinen Kommissar nachdenklich sagen: „Ihr muss klar geworden sein, dass das Land nicht zu retten ist, auch nicht von Albanern, die die Uhr zurückdrehen wollen. Griechenland mag unsterblich sein, wie es in unserer Nationalhymne heiß, aber es verändert sich auch nicht, und schon gar nicht zum Guten.“
Ein Schwerpunkt des neuen Roman bildet die Politik und der Einfluss der neonazistischen Partei der „Goldenen Morgenröte“ und ihr Rückhalt bis in die höchsten Ebenen der Polizei
Es gelingt Petros Markaris wieder einmal auf ganz besondere Weise, nicht nur einen spannenden und originellen Krimi in seiner durchweg empfehlenswerten Reihe vorzulegen, sondern er schafft es, dem deutschen Leser ein zwar fiktionales, deshalb aber nicht weniger realistisches Bild von der Situation und der Not der Menschen in Griechenland zu vermitteln. Sie wissen, dass sie selbst an der Ursache der Misere beteiligt waren, aber sie wissen nun in ihrer zum Teil dramatischen Not nicht mehr aus noch ein.
Und eine politikunfähige Regierung aus Ideologen und Fanatikern tut ihr Übriges.
Petros Markaris, Zurück auf Start, Diogenes 2016, ISBN 978-3-257-24380-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2016-11-05)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.