„Die subtile Kunst des Daraufscheißens“. war Mark Mansons erstes Buch und hat sich weltweit millionenfach verkauft und stand in 13 Ländern auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Der New Yorker Autor legt mit vorliegendem Folgewerk, die Latte zwar nicht besonders hoch, erörtert aber dann und wann doch ein paar interessante Gedanken über deutsche Philosophen wie Kant, Nietzsche oder Schopenhauer. Aber alles natürlich in einer jugendlichen Sprache verfasst, die vor Kraftausdrücken nur so strotzt. Das Thema „Hoffnung“ ist derzeit aber ohnehin so angesagt, dass Manson bestimmt auch für sein zweites Buch ein großer Verkaufserfolg beschert werden wird. Besonders natürlich nach dieser Rezension. Die Hoffnung stirbt eben wirklich zuletzt.
Hoffnung für Millionen
Witold Pilecki ist so ein Mann, der sich das wohl auch gedacht hatte. Manson zitiert das Lebenswerk dieses polnischen Freiheitskämpfers gleich zu Beginn seines Buches. Immerhin hatte es Pilecki gewagt, sich in Auschwitz einschleusen zu lassen, um dort einen Aufstand anzuzetteln. Als dies misslang, gelang ihm die unmöglich erscheinende Flucht aus Ausschwitz tatsächlich, nur um nach dem Krieg von den Sowjets als Landesverräter hingerichtet zu werden. Ein guter Start also in ein Buch zum Thema Hoffnung, oder? Mark Manson erwähnt auch Egar Moniz, der in den Dreißigern die Hoffnung hatte, der menschlichen Vernunft durch Lobotomie zum – Verzeihen Sie den Ausdruck! – Durchbruch zu verhelfen.
Philo für Dummies
Als eigentlichen Feind macht Manson dann die Emotion aus. Diese sei nur eine „biologische Hydraulik, die den Körper in Bewegung versetzt“. Weiters fabuliert Manson von Fühlhirn und Denkhirn und wie sich beide im Wege stehen würden: in jedem von uns! Affektregulierung oder die Selbstbeherrschung seien Illusionen, die uns zwar Hoffnung gäben, aber auch durch KVT (kognitive Verhaltenstherapie) oder ACT (Akzeptanz- und Community-Therapie) nicht in den Griff bekommen werden könnten. Anschließend verliert sich der Autor in Isaac Newton’s drei Grundgesetzen der Erregung oder Einsteins Relativitätstheorie und gibt Tipps wie man eine Religion gründen kann (auch Ideologien sind für ihn Religionen). Alles natürlich mit einem leicht süffisanten, humoristischen Ton versehen, eben so richtig amerikanisch, denn Schmerz sei die universelle Konstante.
Schmerz als universelle Konstante
Lesenswert sind allerdings tatsächlich seine Bemerkungen zum Vietnam-Krieg, denn erstmals wird erklärt, warum der buddhistische Mönch Thich Quang Duc sich 1963 selbst in Brand setzte: er protestierte damit gegen den südvietnamesischen Regierungschef, der als USA-gestützter Katholik die Buddhisten in seinem Land verfolgte (Südvietnam war damals zu 80% buddhistisch). Auch das klassische, in der amerikanischen Verfassung garantierte „pursuit of happiness“ (Streben nach Glück) kritisiert Manson, denn er prangert es als „Loch ohne Boden, ein unstillbarer Durst (an). Es ist die Wurzel von Korruption und Sucht, von Selbstmitleid und Selbstzerstörung“. „Denn Schmerz ist die universelle Konstante des Lebens, und überall bietet sich uns die Gelegenheit, an unserem Schmerz zu wachsen. (...) Schmerz ist der Ursprung aller Werte“, schreibt Manson, „Wenn wir unseren Schmerz betäuben, betäuben wir alles, was in dieser Welt zählt.“ Ich hoffe das hat jetzt wenigstens ein bisschen wehgetan.
Mark Manson
Everything is Fucked.
Ein Buch über Hoffnung.
2019, Softcover, 256 Seiten,
ISBN: 978-3-7423-1101-6
16,99 €
Riva Verlag
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2019-10-30)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.