Da zieht einer, er ist erst 18, aus in das Leben, wie so viele vor ihm schon auszogen. Auf sich allein gestellt ist er, weiß nicht, wohin die Wege ihn führen werden. Andreas Magnus ist sein Name, die künstlerischen Ambitionen hat er wohl von seinem durch und durch protestantischen Vater. Noch will Andreas die Gestaltung seiner Werke, die er anpackt, nicht recht gelingen. Denn unverdient, unerlitten und unbegriffen steht die Welt vor ihm, darin auch das große Berlin der 1920er Jahre enthalten ist. Dorthin zieht es ihn, er hat so einiges zu erleben, aber die wenigen Ersparnisse sind bald verstreut. Darum gilt es, sich selbst zu ernähren: Andreas findet Beschäftigung in einem Kabarett, anzügliche Gedichte trägt er dort vor und Herren gibt es, die ihm hin und wieder einige Mark zustecken... Jeder schlägt sich so, wie er kann, durch, auch die anderen jungen Leute in der Pension, in der Andreas Unterkunft gefunden hat. Es ist das Leben einer haltlosen Jugend, herausgeboren aus Weltkrieg und Novemberrevolution. Man kennt nur eines, das ist: Die Leere zuschütten: Sinnsuche in der Mystik, ausschweifende Feier, der weiße Nebel des Kokains. Aber die Ahnung einer heraufschleichenden Katastrophe, unausweichlich und ungeheuer, mag nicht verblassen.
Wohin wenden? Es bleibt der Halt im Anderen, im Du - das naturgegebene Allzumenschliche. Doch will auch dies recht gelernt sein, denn die besitzergreifende Liebe führt nicht zum Ziel, das Glück heißt. Machen wir es kurz: Vieles spielt sich in und um Andreas´ Unterkunft ab, so gibt es das tuntenhafte Paulchen, das sich in Andreas verguckt und den Niels, in den sich Andreas vernarrt, aber der Niels will ja gar nichts vom Andreas und das Paulchen erschießt sich...
So ist das Leben, und dem Andreas bleibt die künstliche Welt der Bücher, sein Knut Hamsun, Walt Whitman und Stefan George - der menschlich-ideelle Überbau.
"Der fromme Tanz" (1925) ist Klaus Manns erster Roman, geschrieben im Alter von 19 Jahren. Der Autor war bemüht, herausragendes zu leisten, doch vieles wurde noch unsicher gesetzt. Trotzdem: Mit etwas Nachsehen wird der Leser rasch durch das Buch kommen und einiges über die deutsche Jugend der 1920er Jahre erfahren.
[*] Diese Rezension schrieb: Arne-Wigand Baganz (2007-04-03)
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