Einundsechzig lyrische Gedichte aus den Jahren 1999 bis 2002 von Michael Mäde sind jüngst im Wiesenburgverlag erschienen. Einige von ihnen wurden bereits in verschiedenen Literaturzeitschriften publiziert, u.a. in "Die Brücke", Forum für antirassistische Politik und Kultur. Das Cover der in DIN A 5-Format erschienenen Ausgabe in Paperback zeigt eine Grafik der Künstlerin Anaximander und ist von tiefrot- bis bordeauxfarbener Grundstimmung geprägt. Die Anordnung der Cover-Farben lässt auf die Befindlichkeit des Autors schließen, wechselt von tiefrot in verhüllte Abendstimmung, wie z.B Griechenlandbesucher die Farben des Sonnenunterganges erleben, bevor die Dämmerung fortschreitet. Mäde hat den Gedichtband seinem Vater gewidmet. Die Texte sind in fünf Kapiteln zusammengefasst, von denen eines dem Dichter Jacob Reinhold Michael Lenz (1751-92) gewidmet ist.
Mäde schreibt "in Bildern", seine Erlebnisse und Betroffenheit vorwiegend zwischen den Zeilen. Über Kapitel eins, "Erinnerungen an Kriegszeiten", wird der Leser an die Erlebnisse und Wahrnehmungen eines Dichters herangeführt, der sich - wie bekannt - als "politischer" Schriftsteller outet. Zuweilen resignierend, andererseits sarkastisch zitiert er z.B. seine Großmutter mit deren Worten: "Mit vollem Mund spricht man nicht" und fügt dem Zitat hinzu: "Wie bitte hätte ich wissen sollen, dass es so viele Arten geben könnte, mir und meinen Landsleuten das Maul zu stopfen". In einigen Textpassagen erfährt der Leser einen Mäde als einen im Exil Lebenden oder als Leidtragenden einer unglücklich zusammengeführten Ex-DDR - mit dem Klassenfeind (Anmerkung des Verfassers) wenn er unter "Waschtag" ausführt: "Kampfanzüge, Trainingsanzüge mit hässlichen Vögeln reihen sich auf der Leine... / ...trocknet die Wäsche der feindlichen Armee".
Die Texte berühren ob ihrer fast kindlich naiven Vorstellungen des Autors, als habe je eine revolutionäre Alternative gegen eine von Lobbyisten geförderte, imperialistisch inspirierte Kriegsmacht auch nur den Hauch einer Chance gehabt; als fände jedwede Form der Poesie als ein Mittel gegen Unvernunft und importierten vordergründigen Glitzerkram Gehör. Andererseits beklagt Mäde das selbst in einer Textpassage. Die Texte offenbaren direkt oder indirekt einen politisch engagierten Dichter, welcher zusehends durch die Erkenntnis eigener Wirkungslosigkeit in eine Form der Resignation gerät, was durch ein "Getragenwerden in einer sozialen Decke" zu einem schier unerträglichen Zwiespalt führt. Die Befürchtungen, dass es auch bei der Agenda um "Pöstchenrangeleien" gehen wird, ist Klartext und sehr realistisch eingeschätzt.
Als Heimatloser stellt sich Mäde dem Leser vor und .."alt sähe er aus", so lässt er eine frühere Freundin über sich sprechen und selbsterkennend bemängelt er einen zunehmenden Haarverlust bei sich. Den Gesang: "Brüder, zur Freiheit, zur Sonne", wird sich der Leser nach Studium der Lektüre verkneifen wollen, obwohl ...
Michael Mäde: "Wider die Ruhe"
- Gedichte, Wiesenburgverlag, 76 Seiten,
Paperback, ISBN 3-937 101-10-1, Preis: 10,90 Euro
[*] Diese Rezension schrieb: Hartmut T. Reliwette (2004-10-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.