"Bomben und Landnahme
- Notate und TARGETS wider den allgegenwärtigen Krieg"
heißt ein 105 Seiten umfassender Lyrikband in Tagebuchform von Michael Mäde, der mit Illustrationen (Targets, engl. Zielscheiben, Zielmarkierungen) der Malerin ANAXIMANDER versehen in eine gemeinsame gesellschaftspolitische Überzeugung mündet. Das Vorwort kommt aus der Feder von Jutta Dittfurth, Tochter des verstorbenen Philosophieprofessors Hoymar v. Dittfurth.
Die Tagebuchgedichte schildern - in mehrere Abschnitte gegliedert - den keimenden Krieg der Weltmacht USA gegen die Achse des Bösen, die "Verantwortlichen" der Terroranschläge gegen das World-Trade-Center und beginnt in der Zeit vom 13.9.2001 mit "Nach dem Krieg ist vor dem Krieg". "Der Krieg gegen die Paläste hat begonnen. Friede für die Hütten aber ist nicht zu erwarten". Fassungslosigkeit spricht aus den zumeist knappen Gedichten, wenn der Autor pragmatisches Verhalten von Börse, Medien aber auch der Alltagsmenschen schildert und bezieht sich selbst mit ein, wenn er schreibt: "Vorsichtig wende ich mich um zu schauen ob es sich auf wen zu achten lohnt. Nach wem, denkt Ihr, habe ich geschaut. AUCH MICH HABEN SIE BEKOMMEN."
Teil II beginnt mit dem10.10.01Undwiederist Krieg" - bezieht Kritisches an seinem eigenen "Lager" mit ein wenn er schreibt: "Als wir, vermeintliche Sozialisten noch stritten, ob man mit den Herrschern der Welt KRITISCHE SOLIDARITÄT üben müsse, war der Tod mit seinen Flugkörpern schon auf dem Marsch in die zerstörten Städte Afghanistans". An anderer Stelle lässt er "die deutschen Narren jubeln. Nichts hat sich geändert. Sie verstehen erst, wenn ihre eigenen Häuser brennen". Den eigenen Texten sind zum Teil Zitate von Politikern vorangestellt z.B. eine Äußerung Bush's vor der UN am 10.11.01: "Die Zeit für Mitgefühl ist vorbei, die Zeit zum Handeln ist gekommen". Im nachfolgenden Elfzeiler entlarvt Mäde den Weltenherrscher als Zyniker. Der Autor versteht es vortrefflich, mit wenigen Textzeilen einen kritischen Gedanken auf den Punkt zu bringen und Betroffenheit auszulösen. Er transportiert damit seine eigene Betroffenheit zielsicher auf den Leser, der zumeist hinter weit "geöffneten Türen" anzutreffen sein dürfte. Viel mehr soll hier nicht verraten werden - nur eines noch: Ein Vergleich mit einer Parole Kaiser Wilhelms des Zweiten einerseits: "Ein Pardon wird nicht gegeben" mit dem Zitat des US Verteidigungsministers Rumsfeld vom 19.11.2001 - und ..."weder... noch sind wir in der Lage, mit einer relativ kleinen Zahl von Bodentruppen Gefangene zu machen" andererseits, wird mit sechs knappen Zeilen kommentiert. Sie beginnen mit "Die Mörder übertreffen sich" und endet mit der Erkenntnis des Dichters, dass "allenfalls die Wortwahl auf den siechen Fortschritt der Geschichte deutet". In die Abrechnung, oder ist es eine Aufrechnung von Scheinmotiven der "landnehmenden Weltmacht" gegen die Ohnmacht vieler Hundertausender, die weltweit gegen die Kriegspläne Bush's und der hinter ihm wirkenden Administration demonstriert haben, geraten auch die Genossen der PDS wenn es heißt: ...eingedenk all dessen... sage ich: Dieser Krieg ist kein Fehler, ist keine falsche Antwort. Dieser Krieg ist ein Verbrechen. Das Genossen ist der Unterschied, der Graben, der uns fortan trennt.
Mäde lässt in seiner Tagebuchlyrik nichts aus, beleuchtet Verdrängungsmechanismen und opportunes Verhalten von Politikern ebenso wie das von privat-verantwortlichen Menschen, wenn es darum geht, mit Sanktionen durch die kriegführenden Mächte rechnen zu müssen. Der Dichter berichtet als Chronist lyrisch über das, was ihn bewegt. Lösungsansätze indessen wird der Leser vermissen. Diese müssen andere liefern, Konzepte, wie der Werteindustrie andere Aspekte von Selbsterfüllung und Zufriedenheit für das Individuum entgegenentwickelt werden: Durch das Individuum selbst. Weltweit gingen Millionen Menschen auf die Straßen und Plätze. Es waren einfach noch zu wenig! Friede ist der Zustand zwischen zwei Kriegen!
Empfehlenswert nicht nur für Linke!
H.T.R.
Michael Mäde: "Bomben und Landnahme
- Notate und TARGETS wider den allgegenwärtigen Krieg"
Herausgegeben von Libus e.V., Berlin und Kunstquartier, Bad Karlshafen
ISBN: 3-8330-1148-3, Hochglanzcover, kartoniert
DIN A5 Format, mit Target-Grafik von Anaximander
[*] Diese Rezension schrieb: Hartmut T. Reliwette (2004-10-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.