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Rezensionen


 
Lou Reed - All Time Best

Der im kommenden Jahr 72 Lenze zählende Lou Reed wurde in Brooklyn/New York geboren und steht wohl - wie kein anderer – als der Repräsentant schlechthin, dieser Stadt voller Widersprüche. Im New Yorker „Club Bizarre“ traf Reed in den 60ern auf John Cale und gründete mit ihm und Sterling Morrison sowie Maureen Tucker die wohl folgenreichste Rockformation der Musikgeschichte, die Velvet Underground, seit jeher Vorbild der eher dunklen Seiten des Rock`n´Roll und seiner Adepten. Songs wie „I`m Waiting For My Man“, „Venus in Furs“, „Femme Fatale“ oder „Heroin“, „Sweet Jane“ und „All Tomorrow’s Parties“, sowie die Kollaborationen mit Andy Warhol oder der deutschstämmigen Nico durchbrachen die gängigen Klischees der damals gängigen Flower Power Ära und skizzierten ein eher düsteres Bild des amerikanischen Jahrhunderts. Während an der Westküste der USA der „Summer of Love“ inszeniert wurde, passierte in New York etwas viel bodenständigeres, nachhaltigeres, nämlich nichts weniger als eine wirkliche Revolution, wenn auch nur in den Köpfen der dort ansässigen Kunstszene: Punk! Als „Antithese zu Woodstock und Flower Power“ werden die Velvet Underground auch von Ernst Hofacker im Booklet dieser Ausgabe der „All Time Best“ Reclam Musik Edition Reihe bezeichnet und Lou Reed wird gerne auch als Urvater des Punks zitiert, obwohl seine Musik natürlich etwas ganz anderes ausmacht, nämlich die Hingabe zum eigenen Subjekt.
Mit der Trennung von den Velvets gelang Lou Reed 1970 dann der große Wurf und er schaffte es mit seinem wohl schrecklichsten Lied „Walk On The Wild Side“ bis in die Charts, in UK sogar in die Top 10. Einige weitere etwas sperrigere Alben folgten und erst 1975 wurde der etwas eigenwilige Soloartist dann mit „Coney Island Baby“ wieder etwas zugänglicher. Unvergesslich sind aber seine Hits wie „Perfect Day“ (1972), „Caroline says“ (1973) oder „Men of Good Fortune“(1973). Nicht zuletzt durch den Film „Trainspotting“ kam der Ausnahmekünstler wieder ins Gespräch und das obwohl eigentlich nur ein Lied von ihm („Oh it`s such a perfect day, an I`m glad I spent it with you“) zitiert wurde, aber irgendwie steht Lou Reed dennoch wie kein anderer für die Inkarnation des Rock`n´Rolls und allem, was junge Männer halt so bewegt: das in Perfect Day angesprochene „you“ bezieht sich nämlich nur mitnichten auf eine Person.
Der Parademacho hatte mit Velvet Underground bis 1970 vier Alben veröffentlicht und solo seither insgesamt immerhin neun (!) Alben. Die vorliegende Ausgabe der „All Time Best“ Reclam Musik Edition Reihe versammelt die meisten seiner besten Hits, darunter übrigens auch das unschlagbare „Satellite Of Love“ (1972) als Draufgabe ganz am Schluss und fügt dem Ganzen nicht nur eine kleine Discographie hinzu, sondern auch eine nette einführende Geschichte zum Werk Reeds von bereits zitiertem Herrn Hofacker. Die Kooperation Sony/Reclam ist sicherlich ein bemerkenswerter Schachzug, was Marketing und Effekt betrifft, einziger Wermutstropfen ist aber die Tatsache, dass die Reihe in einer Plastik-CD-Verpackung kommt und nicht in gewohntem Papierkarton, wie man das von Reclam erwarten würde. (Zitat Verlag: „Seit mehr als 150 Jahren setzt der Traditionsverlag Reclam Maßstäbe. Sein einzigartiges Renommee verdankt er den großartigen Editionen der Weltliteratur, Kompendien zu Kunst und Kultur, anspruchsvollen Sachbüchern und einem hochklassigen Taschenbuchprogramm. Nun gibt Reclam gemeinsam mit Sony Music das Werk herausragender Ikonen der populären Musik heraus.“). Und natürlich würde man sich auch mehr Geschichtchen wünschen, also eine wirkliche Koproduktion, wo beide Seiten ihr Bestes einbringen: Reclam eine Aufsatzsammlung und Sony eine CD.
Ah ja, und was wohl die wenigsten wissen, ist, dass Lou Reeds eindrucksvolles Werk „Set The Twilight Reeling“ (1996) durchaus biografische Züge trägt und die Platte seine Beziehung zur Performance-Künstlerin Laurie Anderson („O Superman“) beleuchtet. Aber das steht auf einem anderen Papier. Mit seiner Hymne „Caroline says“ hat Lou Reed jedenfalls schon 1973 das vorweg genommen , was auch die Frauen des 21 Jahrhunderts noch beschäftigt: „Caroline says that I'm just a toy/she wants a man, not just a boy/Oh, Caroline says, ooohhh, Caroline says/“. Lou Reeds gekonntes Vexierspiel mit Identitäten, der ihm auch das zweifelhafte Label „Glam-Rocker“ einbrachte, seine Zeit mit Bowie und Iggy im Berlin der 80er, sowie zuletzt sein politisches Engagement machen ihn sicherlich zu einem der wichtigsten Vertreter amerikanischer Rockmusik und das schon seit vielen Jahrzehnten und das obwohl Caroline ihn nicht für einen ganzen Mann hält: „Caroline says that I'm not a man/so she'll go get it catch as catch can/Oh, Caroline says, yeah, Caroline says//She treats me like I am a fool/But to me she's still a German Queen, ooohhh, she's my Queen, ya ../Queen, hey baby, she's my Queen/(…).“ Bleibt zu fragen, what makes a man a man?
In der „All Time Best“ Reclam Musik Edition Reihe sind übrigens noch viele andere Künstler und ihre Werke in ähnlicher Ausstattung erschienen, darunter vor allem Soloartists wie Falco, Whitney Houston, Elvis, Miles Davis, Leonhard Cohen, Rory Gallagher, Willie Nelson, Bob Dylan, aber auch Santana, Simon&Garfunkel u.ä.

Lou Reed
All Time Best - Reclam Musik Edition 12

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-09-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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