Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Rezensionen


 
Bedrich Loewenstein - Der Fortschrittsglaube
Buchinformation
Loewenstein, Bedrich - Der Fortschrittsglaube bestellen
Loewenstein, Bedrich:
Der Fortschrittsglaube

Bei amazon bestellen

(Bücher frei Haus)

Dieses Buch des tschechischen 1929 geborenen Wissenschaftlers Bedrich Loewenstein über das „europäische Denken zwischen Utopie und Ideologie“ ist ursprünglich 2009 als dessen opus magnum bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienen und wird nun bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in einer zweiten erweiterten und überarbeiteten Auflage einen breiteren Publikum zugänglich gemacht. Es beinhaltet eine Summe seiner lebenslangen Arbeit und bietet eine völlig unkonventionelle Ideengeschichte.

Loewenstein schreibt hier die Geschichte der „europäischen Idee“ des „Fortschrittsglaubens“. Dass es einen realen „Fortschritt“ gibt, auch jenseits des rein Wissenschaftlich-Technischen, steht für Loewenstein nicht infrage. Er selbst schließt nicht aus, dass in seiner Vorstellungswelt „Überbleibsel marxistischer Denkweise“ nachwirken, doch weist er völlig zu Recht kurzschlüssige Verbindungen zwischen Biographie und Denken zurück. Im Zentrum des Buches steht die Deutung von Texten wichtiger Weichensteller in der Ideengeschichte. Diese Deutungen aber sind eingelassen in eine ebenso knappe wie kompetente Schilderung des gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Kontextes. Dass Ideen sich nicht einfach „verwirklichen“, ist für Loewenstein selbstverständlich, er erfasst ihre Umformungen und immanenten Widersprüche, ihre institutionellen Stützen und Gegner, die Mit- und Gegendenker. Die Herausbildung des Humanismus etwa, die Durchsetzung der französischen Aufklärung oder die Entstehung des Ersten Weltkriegs sind in knappe, aber präzise Strukturanalysen der staatlich-gesellschaftlichen und kulturellen Zustände eingelassen.

Das Buch ist eine anspruchsvolle Kost, aber für an Ideen- und Philosophiegeschichte interessierte Leser auch ein richtiges intellektuelles Vergnügen. Am Ende fasst Loewenstein seine Absicht so zusammen:
„Es war uns nicht um melancholische Fluchten in heile Vergangenheiten zu tun, schon gar nicht um Schuldzuweisungen an eine fragwürdige Tradition, die im Namen der Zukunft und eines angemaßten ‚monotheistischen‘ Wahrheitsanspruchs (Assmann) die schöne Göttervielfalt der jeweiligen Gegenwart zerstörte. Vielleicht gewinnt aber unser praktisches Problemlösen, die Suche nach produktiven Auswegen aus den Sackgassen der heutigen Welt durch die Aufarbeitung der europäischen Zeitzeichen der Wege und Irrwege des Fortschrittsglaubens, ein Stück Tiefenschärfe und Problembewusstsein.“

Ich finde, das ist Bedrich Loewenstein gelungen.

Bedrich Loewenstein, Der Fortschrittsglaube, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2015, ISBN 978-3-534-26666-1

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-06-22)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


-> Möchten Sie eine eigene Rezension veröffentlichen?

[ weitere Rezensionen : Übersicht ]

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.010773 sek.