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Sergio Leone - Zwei glorreiche Halunken
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Leone, Sergio:
Zwei glorreiche Halunken

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(Bücher frei Haus)

Die ersten 10 Minuten 36 Sekunden kommen bei diesem Western der Extraklasse ganz ohne große Worte aus. Die Spannung ist zum Bersten, man hört das Knirschen des Sandes, die Sporen der Cowboystiefel, Schüsse, eine Fensterscheibe die zerspringt und daraus tritt Tuco (Eli Wallach), il brutto, hervor, der sich auf einen Gaul schwingt und eilig davonsprintet. Danach die ruhige Aufnahme eines Esels, der einen Brunnen antreibt, Pferdegeklapper, ein Hund bellt, Vogelgezwitscher, ein kurzer Hahnenschrei. Angel Eyes (Lee Van Cleef), il cattivo, setzt sich langsam an den Tisch von Stevens und beginnt, mit ihm zu essen. Keiner der beiden spricht, bis endlich Stevens (Chelo Alonso), der seine Familie längst weggeschickt hat, das Schweigen mit einer Frage durchbricht: „Ti manda Becker?“

Die Suche nach dem Goldschatz
Stevens weiß, dass seine letzte Stunde geschlagen hat, aber er gibt Angels Eyes dennoch 1000 Dollar, um seinen Auftraggeber, Becker, ebenfalls beseitigen zu lassen. Und Angel Eyes, der in der deutschen Synchronfassung auch Sentenza genannt wird, erfüllt auch diesen Wunsch. Ganz böse ist der Böse (il cattivo) aber nicht, denn er tötet – beim dritten Hahnenschrei - zwar Stevens und seinen erstgeborenen Sohn, aber nicht den zweiten Sohn und Stevens‘ Frau. Angel Eyes nimmt das Geld und tötet auch dann auch Becker, seinen Auftraggeber, da er dafür ja vom Opfer bezahlt wurde. „I always follow my job thru“, meint er lakonisch und schießt ihm durch ein Kissen in den Kopf. Zuvor erfährt der Zuseher aber noch, dass Angel Eyes einen gewissen Jackson aka Bill Carson sucht, er hat eine Kriegskasse mit 200.000.- Golddollar veruntreute. Am Set haben die Schauspieler ihre eigene Muttersprache verwendet, der Film wurde dann später nachsynchronisiert und da Sergio Leones „Spaghettiwestern“ die einzigen waren, die auch in den USA auf den Markt kamen, bleibe ich bei dieser Rezension erstmal bei der englischen Version, die zwei Jahre nach der italienischen herauskam. Der Film wurde vor allem in der Almeria in Spanien gedreht, die Landschaftsaufnahmen sind sehr beeindruckend und atmosphärisch pittoresk.

Zynischer Galgen-Humor
Der Blonde (Clint Eastwood), il buono, „Blondie“, betritt das Geschehen und man sieht ihn zuerst nur von hinten, wie er die Bilanz der getöteten Männer von sechs in der 17. Minute auf 9 in der 19. Minute erhöht. Mit dem schon erwähnten Tuco verbindet ihn eine kleine Geschäftsidee, denn während ersterer sich von letzterem festnehmen lässt, um das Kopfgeld zu kassieren, schießt letzterer ersteren immer wieder vom Galgen. Nach der Flucht wird das Geld redlich geteilt, auch wenn Tuco bald einen höheren „share“ verlangt, schließlich ist es ja sein Kopf, der riskiert wird. Tuco ist beim Verhandeln mit dem Blonden so nervös, dass er die von Blondie angebotene Zigarre in den Mund steckt und kaut, statt sie zu rauchen. „There are two kinds of people: those who have the rope around their neck, and those who cut the share“, beklagt er sich beim Blonden. Aber der Blonde entscheidet sich anders: „I‘ll keep the money, you’ll keep the rope.“ Und als Tuco ihn beschimpft, meint er nur lapidar, wie undankbar dieser doch sei, nachdem er ihm schon so oft das Leben gerettet habe und reitet mit der ganzen ungeteilten Summe davon.

Die Schrecken des Krieges
Tuco ist nun vor allem von Rache beseelt, er will den Mann, der „blond, smokes a cigar and is a pig“ ist unbedingt wiederfinden. Zuerst macht er sich auf die Suche nach Unterstützung bei seinen alten Kumpels und ruft diesen zu: „You say, you want to make a living, so why do you kill yourself working?“ Tuco ist zu verschlagen, um sich nicht selbst abzusichern. Als er die drei Männer ins Feuer vom Blonden jagt, steigt er selbst zum Fenster ein und bedroht ihn von hinten mit der Waffe. Die Sporen haben die anderen verraten, aber die Sporen Tucos klingen noch nach. Eine geniale Parallelmontage macht diese Szene legendär, denn während vor der Türe die Armee der Südstaaten marschiert und der Blonde seinen Colt putzt, schleichen sich die gedungenen Meuchelmörder an. Aber die Sporen verraten sie dann eben. Sergio Leone zeigt im besten Western seiner Trilogie auch ohne Umschweife die Schrecken des Krieges, Tote, Krankenlager, Ruinen, Bomben, Folterszenen. „Zwei glorreiche Halunken“ spielt zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges und wird aufgrund verschiedener Szenen auch oft als Antikriegswestern interpretiert, und er spart auch selbst nicht mit Grausamkeiten dabei.

“Priest or Bandit?“
Tuco jagt seinen Gefangenen, den Blonden, 100 Meilen durch die Wüste, während er einen pinkfarbenen Sonnenschirm trägt und Zigarren raucht. 30 Meilen legen sie bis Mittag zurück, doch es sind noch 70 weitere und dafür noch achteinhalb Stunden bis Sonnenuntergang. Auch wenn diese Rechnung nicht ganz stimmen kann, ist die Szene doch eine der eindrucksvollsten, natürlich auch aufgrund der unglaublichen Musik von Ennio Morricone. Sadistisch badet Tuco dann seine Füße in Trinkwasser und leert es dem Blonden danach über den Kopf. Doch dann taucht eine Postkutsche auf und darin liegt ausgerechnet der von Angel Eyes gesuchte Bill Carson. Aber er liegt bereits im Sterben und kann Tuco und dem Blonden nur mehr jeweils ein Geheimnis über die Kriegskasse verraten. Auf diese Weise werden die beiden wiedervereint, denn Tuco will den Blonden nun natürlich am Leben erhalten, um seinen Teil des Geheimnisses zu erfahren. Im Kloster von San Antonio genest der Blonde bald und Tuco hat eine Auseinandersetzung mit seinem Bruder Pablo, dem Mönch: „Where we come from, there are only two ways for a man not to die poor: either you become a priest or a bandit. My way was harder, you were just too much of a coward to do what I do.“

Soundtrack of Life
Was die Musik betrifft muss natürlich noch erwähnt werden, dass sie als eine der größten Filmmusiken der Filmgeschichte überhaupt gilt. Besonders eindrucksvoll wird der Soundtrack zum Beispiel bei der Folterszene von Tuco eingesetzt. Die Ballade „La Storia Di Un Soldato“ wird im Film von einem Kriegsgefangenenorchester gespielt, während Tuco einem Schergen Angel Eyes‘, Wallace, misshandelt wird. „Music? Yes, thank you, it‘s good for digestion.“, meint der zufriedene Tuco erst, als er einen gedeckten Tisch in Angel Eyes’s Office sieht. Aber immer wenn die Musik spielt, wird ein anderer Gefangener verprügelt und gefoltert. „More Feeling“ sagt ein Aufseher vor der Türe zum Orchester, wenn die Schreie zu laut werden. „Non vorrei essere nei panni del tuo amico, sai. Piu forte canta il choro, piu forte pesta Wallace.“, sagt ein Mitgefangener zum Blonden und sie blicken auf die Blockhütte von Angel Eyes, beinahe mit Tränen in den Augen. Das absolut geniale Ende des Films, ein Triangel-Duell oder besser „Triell“, wird von dem Lied „L’estasi Dell’oro“ („Ekstase des Goldes“) auf einem Friedhof eingeleitet, an den sich der Song „Il Triello“ mit der „glorreichen“ Trompete anschließt.

“All the time to tell his tales“
Leone nahm sich alle Zeit der Welt, seine Geschichte zu erzählen, wie Filmhistoriker Richard Schickel erzählt, wohl auch deswegen wirken seine Filme heute so monumental. Weitere geniale Szenen sind etwa, wenn Tuco badet und von einem Kopfgeldjäger überrascht wird. „When you have to shoot, shoot, and don‘t talk“, meint Tuco lapidar in dieser an David’s „Ermordung des Jean-Paul Marat“ erinnernden Szene. Blondie spielt derweil mit einem Kätzchen, aber bald lebt die alte Freundschaft wieder auf. „There’s two kinds of people, those who have loaded guns and those who dig. You dig“, paraphrasiert Blondie seinen Kumpel Tuco. Eigentlich kann „Il buono, il brutto, il cattivo“ auch als Prequel zu Leones anderen beiden Western „Für eine Handvoll Dollar“ und „Für ein paar Dollar mehr“ verstanden werden. Als Hinweise darauf könnte man den frischgebügelten Poncho von Eastwood verstehen, den er am Ende des Films beim „Triell“ trägt, nachdem er gegenüber einem sterbenden Soldaten so viel Mitleid gezeigt hat. Weitere Extras: Audiokommentar von Filmhistoriker Richard Schickel, Audiokommentar von Christopher Frayling, Leones Western, Der Leone-Stil, Der Mann, der den Bürgerkrieg verlor, Restauration des Films „Zwei glorreiche Halunken“, Der Meister: Ennio Morricone - Teil 1, Der Meister: Ennio Morricone - Teil 2, Entfallene Szenen. Original Kinotrailer.

Sergio Leone
Zwei glorreiche Halunken
Originaltitel: Il buono, il brutto, il cattivo
Originalsprache: Englisch
178 Minuten, Extras
Mit Clint Eastwood, Lee Van Cleef, Eli Wallach et al
BluRay Italien/Spanien/1966
Twentieth Century Fox

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-07-29)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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