Wer unbedingt immer schon einmal Stewardess werden wollte, ist hier genau richtig. Die französische Schauspielerin Adèle Exarchopoulos, die aus "Blau ist eine warme Farbe" bekannt ist, spielt Cassandre, eine hôtesse de l'air bei einer (natürlich) fiktiven Billigfluglinie namens "Wing". Einblicke in die Branche, wie man sie nirgends sonst zu sehen bekommt.
Strenge Disziplin über den Wolken
Nach dem Tod ihrer Mutter bei einem Autounfall, dreht Cassandre ihrer Vergangenheit den Rücken zu. Sie verlässt ihren und ihre Schwester und sucht sich einen Job, bei dem sie möglichst viel unterwegs ist. Schließlich ist sie jung und will noch etwas von der Welt sehen, denkt sie. Aber was sie als moderne Wohlstandsnomadin zu sehen bekommt ist alles andere als entwicklungsfördernd. Da wäre einmal die strengen Vorschriften ihrer Fluglinie, die stets darauf achtet, dass alle Regeln befolgt werden. Auch die Kolleginnen untereinander werden angestiftet, sich gegenseitig beim Personalbüro zu verpetzen. "Für eine Revolution habe ich leider keine Zeit" sagt sie etwas zu Streikenden von anderen Fluggesellschaften, so will sie ihre Anpassungsfähigkeit gegenüber ihren Kolleginnen und ihrer Fluglinie unter Beweis stellen. Das Maß der Entfremdung geht sogar so weit, sich zu entsolidarisieren, nur damit sie ihren "Traumjob" behält. Aber worin besteht dieser Traumjob? In erster Linie aus Lächeln, lächeln, Lächeln, lächeln. Aber auch "Schneid", sagt eine ihrer Kolleginnen bei allabendlichen Besäufnis nach der anstrengenden Arbeit. Ab und an besorgt sie sich auch Drogen oder ein Tinder-Date. Online-Nickname: Carpe Diem. Alles, um bloß nicht allein zu sein.
Rien a foutre oder nichts zum...
Als sie einer Passagierin, die alleine aus Russland zu einer Operation in Frankreich fliegt, Alkohol mit ihrer Kreditkarte spendiert, wird sie von ihrer Fluglinie zur Rechenschaft gezogen. Sie hat nur mehr eine Wahl: eine Cabin Manager Ausbildung zu machen und dann ihr Glück in Dubai bei Emirates zu versuchen. Ob das die ersehnte Wendung in ihrem Leben herbeiführen wird? Julie Lecoustre/Emmanuel Marre haben eine Generationenporträt über das globalisierte Arbeitsleben junger Erwachsener in seiner ganzen Absurdität gedreht, das wenig Hoffnung für die Protagonistinnen lässt, dafür aber umso mehr für die Zuseherinnen und Zuseher dieses belgo-französischen Dramas. Der Originaltitel kann übrigens durchaus wörtlich genommen werden.
Julie Lecoustre/Emmanuel Marre
Zero Fucks Given (DVD)
Originaltitel: Rien a foutre
Mit Adèle Exarchopoulos, Alexandre Perrier, Mara Taquin u.a.
2022, Frankreich/Belgien 2021, Drama, ca. 110 min, FSK ab 12
Koch Media Home Entertainment
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2022-09-28)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.