„Noch nie hat die Sammlung Beyeler einem älteren Künstler eine Einzelausstellung gewidmet“, schreiben Ulf Küster und Sam Keller im Vorwort der vorliegenden Ausgabe zur Ausstellung des Ausnahmekünstlers. Courbet sei der erste Künstler gewesen, der öffentlich erklärt habe, er sei nur sich selbst und seiner Individualität verpflichtet, zwar in Kenntnis der Tradition, aber unabhängig von ihr. Mit dieser Ansicht über den Künstler an sich - oder zumindest sich selbst - wurde Courbet zum Wegbereiter der Moderne und schuf einen Künstlerbegriff und ein Künstlerideal, das auch heute noch seine Gültigkeit besitzt. Das Infrage stellen von Regeln und den Tabubruch habe Courbet zum Prinzip der Kunst erhoben und so Werke geschaffen, wie „L’Origine du monde“, das ob seines vermeintlich pornographischen Inhaltes erst ab ca. 1995 öffentlich ausgestellt wurde und jetzt auch in der Ausstellung zu sehen ist.
A, B, Courbet
Die Ausstellung in der Fondation Beyeler beginnt mit einer Reihe Selbstporträts, es werden Bilder von Grotten und Quellen als Schwerpunkt gezeigt und natürlich auch sein „L’Origine du monde“. Ein Selbstporträt mit dem Titel „Autoportrait sous forme d’une pipe“ lässt den Schalk des Malers erkennen, der schon lange vor Margritte durchaus hintergründigen Charme besaß, wie ja auch der Titel seines bekanntesten Werkes schon zeigt. „Les Trois Baigneuses“ ist ein weiteres Werk Courbets, das in der damaligen Öffentlichkeit für Aufruhr sorgte. Bruno Mottin zeigt in vorliegendem Kunstband „Die Bilder hinter dem Bild“ und verweist darauf, dass Courbet besonders mit der dritten Badenden Schwierigkeiten gehabt haben müsse, da „ihre Haltung geradezu akrobatisch“ sei. „Das Werk ist Ergebnis verschiedener früherer Kompositionen und offenbart seine Stärke erst richtig, wenn man sie kennt.“ „Les Trois Baigneuses“ – das leider unvollendet blieb - sei aber auch als Vorbereitung für das Meisterwerk „La Source“ zu bewerten , so Mottin. Als überzeugter Pazifist wird Courbet für seine Zeit als Präsident der Commission des arts der Commune de Paris, in der er die Vendome-Säule abtragen ließ, die die Napoleonischen Kriege ehrte, verhaftet und eingesperrt. Aufgrund seiner Krankheit wird er zwar vorzeitig entlassen, dann jedoch erneut als Alleinverantwortlicher für die Zerstörung der Säule verurteilt. Sein Atelier findet er zerstört vor und auch vom Schweizer Exil aus kann er keine Begnadigung erwirken. Immerhin werden seine Werke in Wien auf der Weltausstellung 1876 gezeigt, ein Jahr später verstirbt der Künstler aber, sichtlich gezeichnet.
Gustave Courbet (1819–1877) war nicht nur sozial engagiert, er gilt auch weithin als der wichtigste Vertreter des Realismus. Die von der Akademie geprägte, idealisierende Malerei stellte er damit infrage und schockierte die Pariser Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. In sieben Essays wird in hier vorliegender Publikation das Leben und Werk des Künstlers vorgestellt, eingerahmt von zahlreichen Abbildungen seiner wichtigsten Gemälde. Die Ausstellung in der Fondation Beyeler, Riehen/Basel läuft noch bis 18.1.2015
Gustave Courbet
Von Ulf Küster, Gestaltung von Andreas Platzgummer
Reihe: Kunst zum Lesen
Deutsch
2014. 128 Seiten, 24 Abb.
ISBN 978-3-7757-3861-3
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-12-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.