„Tage der Nacht“ ist der vierte Roman des 1973 geborenen Schriftstellers Yorck Kronenberg. Er erzählt, immer sehr geschickt zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechselnd, die Geschichte von Anton, einem pensionierten Literaturwissenschaftler aus Frankfurt, der eine Tages in seinem Haus in England Opfer eines Überfalls wird. Weder er noch seine Frau erleiden einen wirklichen Schaden, doch bei Anton löst dieser brutale Einschnitt in seinen Lebendalltag eine Art Schock aus, der die bisher verborgenen Geister seiner Vergangenheit hervorlockt.
In einem wunderbaren Fluss und mit einer Sprache, die einen bald schon nicht mehr loslässt, lässt Yorck Kronenberg die Vergangenheit und die Gegenwart immer wieder ineinander fließen und erzählt eine bewegende Geschichte vom Suchen, vom Verlieren und vom Finden. Von der Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit im Leben.
Er lässt Anton sich als Person Stück um Stück, Erinnerung um Erinnerung langsam wieder zusammensetzen. Und er lässt ihn Frieden schließen mit vergangenen Nächten, die seine Gegenwart verdunkelten. Das Buch zeigt, dass sich noch im hohen Alter die Auseinandersetzung mit den Brüchen des eigenen Lebens lohnt. So kann man dann auch versöhnt und friedlich sterben.
Yorck Kronenberg, Tage der Nacht, DTV 2016, ISBN 978-3-423-28060-0
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2016-06-06)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.