Die in Paris lebende und 2017 mit dem Schweizer Grand Prix Literatur 2017 ausgezeichnete Schweizer Autorin Pascale Kramer erzählt in ihrem neuen Roman „Autopsie des Vaters“ von einer schwierigen Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Vater aus der Perspektive der Tochter. Mit einem wunderbaren Gespür für feine „Zwischentöne, des beredeten Schweigens, der non-dits“ (aus der Preisbegründung) erzählt Ania von ihrer Beziehung zu ihrem Vater, den sie kurz vor dessen Selbstmord noch einmal trifft.
Der Vater, Gabriel, der früher ein engagierter linker Radiojournalist und Intellektueller war, hat seien Tochter allein großgezogen, nachdem seine Frau gestorben war. Überfordert von dieser Aufgabe, wollte Gabriel lange Zeit keine weitere Beziehung eingehen. Seine Tochter wird ihm immer fremder, je erwachsener sie wird. Sie hat sich anders entwickelt, als er hoffte. Sie ist keine Intellektuelle geworden wie er, was ihn enttäuscht.
Als sie sich dann in einen Muslim verliebt und Mutter wird, wird die Distanz zwischen beiden riesengroß. Zumal Gabriel in seinem kleinen Dorf den Mörder eines Migranten verteidigt hat und auch sonst viel rechtes Gedankengut von sich gibt.
Pascal Kramers Roman "Autopsie des Vaters" beginnt mit einem Besuch beim Vater. Die Tochter und der inzwischen 6jährige Enkel besuchen ihn nach einer langen Zeit der Distanz in seinem Haus. Sofort brechen bei Ania alte, schon vergessen geglaubte Verletzungen wieder schmerzhaft auf. Sensibel und ehrlich erinnert sie sich und beschreibt eine eigentlich schon immer misslungene Beziehung
Es soll die letzte Begegnung sein: Am Abend begeht Gabriel Selbstmord. Wohl das Eingeständnis des eigenen Scheiterns. Ob das der Tochter und ihrem Kind weiterhilft, bleibt offen.
Pascale Kramer, Autopsie des Vaters, Rotpunktverlag 2017, ISBNN 978-3-85869-759-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-01-31)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.