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Maria Kraft - Märchenhaft und mörderisch
Buchinformation
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Kraft, Maria:
Märchenhaft und
mörderisch

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(Bücher frei Haus)

Und wenn sie nicht gestorben sind....

...was machen die dann eigentlich später?

Nachdem Schneewittchen ihr Happy End erlebte, nachdem Aschenputtel ihren Prinzen abbekommen hat? Die traumhochzeit ist ja nicht das Ziel des Lebens (durchaus aber mancher Märchen), sondern erst der Beginn der Ehe. Das gilt natürlich nicht nur für Märchen, sondern auch für das ganz alltägliche Leben. Denn auch dort beginnt ja nach der oft rauschhaften Hochzeitsfeier und den Flitterwochen das eigentliche Unterfangen: Das gemeinsame Leben mit allen Höhen und Tiefen.

Märchen übrigens tragen durchaus eine Reihe von Erfahrungen und Tipps in sich für das Gelingen einer Ehe in der realen Welt, wenn man die richtigen Märchen auf die richtige Art zu lesen und zu deuten weiß. Letztlich sind Märchen ja nichts anderes, als Erzählungen und Geschichten, in denen sich in symbolhafter Weise grundlegende Lebenserfahrungen niederschlagen. Oder, wie es Maria Kraft ausdrückt: "symbolische Darstellungen menschlicher Probleme, die mögliche Lösungen aufzeigen".

Maria Kraft, Ärztin für psychotherapeutische Medizin, hat sich der Aufgabe gestellt, die im Blick auf Paarbeziehungen zugrunde liegenden Lebenserfahrungen aus 12 Märchen auf knapp 170 Seiten hinein zu übersetzen in unsere Alltagswelt und damit die reichhaltigen Hinweise für ein gutes und dauerhaftes gemeinsames Leben zugänglich zu machen. Und natürlich werden anhand der ausgewählten Märchen auch die Gefahren für Beziehungen prägnant verdeutlicht, Blaubarts Frauen hatten z.B. wenig Gelegenheit, die Flitterwochen lange zu überleben.
Anhand der ausgewählten Märchen, u.a. Blaubart, Der Fischer und seine Frau, Der Wolf und die sieben Geißlein, lenkt Maria Kraft den Blick eindrücklich auf die dahinterliegenden Beziehungsformen und ihre Möglichkeiten, aber auch Risiken. Beziehungsformen, die wir in den Adjektiven bedrohlich, bedürftig, provozierend, beziehungslos, zwanghaft oder beglückend mannigfaltig aus dem Alltag unseres Umfeldes ohne weiteres erkennen.

Eindringlich und wissenschaftlich fundiert arbeitet Maria Kraft die Auslegungen der Märchen auf. Die alleinerziehende Mutter Frau Geiß, die sechs ihrer sieben Kinder aus dem Bauch des Wolfes befreit wird so überraschend auch von der Seite der fehlenden Fortentwicklung her betrachtet. Der Freudentanz nach der Befreiung aus dem Bauch des Wolfes ist ein Tanz im Kreis. Eine Gefahr wurde vielleicht bewältigt, das Leben selbst aber verbleibt in den alten Bahnen. Liegt in der Figur des Wolfes auch eine andere Möglichkeit für die Kinder mit ihrer alleinerziehenden Mutter vor? Durchaus, aber nur, wenn ein Wandel der Familienstrukturen wirklich gewünscht wird.
Eine Wandlung zum Wachstum hin, die im Märchen vom Puzinigele (das tiroler Rumpelstilzchen) durchaus tragend vorliegt und in Gestalt der zum Himmel wachsenden Bohne zeigt, warum das Paar in diesem Märchen eine beglückende Beziehung erlebt.

Im letzten Kapitel, der Zusammenfassung, gibt Maria Kraft, sicherlich auch aus ihrer beruflichen Erfahrung heraus, klare Eckpfeiler an die Hand, die für eine gelingende Paarbeziehung schlichtweg notwendig sind.

Das Buch ist weniger eine leichte Alltagslektüre, die Einführung in die gegenwärtigen Interpretationsmodelle von Märchen zeigt ebenso den wissenschaftlichen Anspruch wie das umfassende Verzeichnis der verwerteten Literatur. Jede der vorgestellten Beziehungsstrukturen wird anhand der zugrunde liegenden Märchen umfassend beschreiben und verständlich dargestellt. Eigene "Aha-Effekte" bleiben dabei nicht aus.
Das Scheitern so mancher Beziehung in der Vergangenheit, aber auch die Struktur möglicher gegenwärtiger Beziehungen kommt in den Blick und kann hier aus ganz anderer Richtung mit Gewinn für das gemeinsame Leben verstanden und betrachtet werden.

Daneben ist das Buch schon aufgrund der spannenden, ganz anderen Sichtweise auf altbekannte Märchen ein Gewinn und verdeutlicht, dass Märchen ihrem Ursprung nach keinesfalls reine "Gutenacht Geschichten" für Kinder gewesen sind.

[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-05-05)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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