Dieses schwergewichtige Buch des Kulturhistorikers Wolfgang Kos ist eine Kulturgeschichte der besonderen Art. Er erzählt sich und seinen Lesern das 20. Jahrhundert am Beispiel von 99 ausgewählten Songs. Songs, die nicht nur zu ihrer Entstehungszeit, sondern auch darüber hinaus „gewirkt“ haben, weil sie emotionale Identifikation boten und viel unmittelbarer als andere Medien die jeweiligen Zeitstimmungen, Lebensbedingungen und Moden, genau wie kollektive Sehnsüchte, Ängste und Utopien auf den Punkt brachten.
Songs, in denen sich die Brüche und die Widersprüche der jeweiligen Gesellschaften und ihrer Menschen spiegeln.
Kos schreibt: "Die Grundidee wäre: Songs, die die Welt verändert haben. Tatsächlich gibt es Songs, die etwas antizipieren, einen Stimmungswandel spüren, eine Forderung vorwegnehmen und so vom Rand ins Zentrum finden. ‚We Shall Overcome‘ ist das klassische Beispiel: ein Streiklied amerikanischer Gewerkschafter, verbreitet in Volksbildungsheimen, von einer Handvoll Funktionären gesungen, dann die Hymne der Bürgerrechtsbewegung. Solche Lieder schleichen sich herein. Sie gehören niemandem. Songs können ein Klima erzeugen, die Aufnahmebereitschaft wecken.“
Die hinter den Songs versteckten erstaunlichen Geschichten machen das Buch nicht nur zu einer interessanten Lektüre, sondern auch zu einem wahrhaft erhellenden Erlebnis.
Wolfgang Kos, 99 Songs. Eine Geschichte des 20. Jahrhunderts, Brandstätter 2017, ISBN 978-3-7106-0022-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-01-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.