Im Gegensatz zu der Reihe „Architektur in…“ der Archimappublishers kommt die Reihe „Neue Architektur in…“ in einem Plastikumschlag mit Cover inklusive einem zu 980 x 700 mm aufklappbaren Stadtplan. Diese Reihe ist nicht nur zu Wien, sondern auch zu Stuttgart, Potsdam, Paris, Ruhrgebiet, Leipzig, London, Hamburg, Berlin und München erschienen. Insgesamt 67 Projekte werden in sechs Spaziergängen mit jeweils mindestens vier wichtigen Bauten auf der Innenstadtkarte vorgestellt. Darunter findet man bereits realisierte Projekte aus den Jahren 1999 bis 2009, wie etwa die Mall Q1 in Wien Heiligenstadt vom Architekten Peter Lorenz Ateliers (2009) oder der eher umstrittene Millenium Tower von Gustav Peichl in Wien Brigittenau (1999).
Auf der einen Seite des Stadtplanes befinden sich insgesamt 35 Beispiele von Wiener Architektur in kurzen deutsch/englischen Texten mit Foto. Auf der Rückseite wiederum befinden sich Stadtpläne und 6 Rundgänge. Eines der spannendsten Projekte aus den Neunziger Jahren ist sicherlich das Museumsquartier, das hier mit folgenden Worten beschrieben wird: „1977 gab es erste Gedanken zur Realisierung eines der Kultur gewidmeten Bezirks auf dem Gelände der barocken Hofstallungen.“ Mit dem Bau wurde aber erst in den Neunzigern (!) begonnen, weil sich die verschiedenen Planer nicht über einen heftig umstrittenen Leseturm einigen konnten. 2011 feierte das Museumsquartier, kurz „MQ“ genannt, übrigens sein zehnjähriges Bestehen. Solange kann es dauern, bis Zukunft realisiert wird. Das MQ zählt heute zu den wirklichen Cash-cows der Wiener Kulturszene, denn es zählt 3,5 Millionen Besucher jährlich. Wenn man bedenkt, wie viel Zeit da verloren wurde und natürlich auch wie viel Geld, ist man heute umso glücklicher, über das wohl größte Open-Air-Wohnzimmer Wiens, den Innenhof des MQ, promenieren zu können.
Ein ganz neues Stadtviertel entstand am Stadtrand Wiens in Simmering, das durch die Verlängerung der U3 plötzlich ans Zentrum herangerückt ist. In gerade mal 15 Minuten vom Stephansplatz aus kann man die „Gasometer“ erreichen, die ehemaligen Gasreservoirs der Stadt, die heute neben Geschäften und Konzerthalle auch über viele moderne Wohnungen verfügt. 1995 begann die Planung die unter Denkmalschutz stehenden vier Gasbehälter umzubauen, an dem sich namhafte Architekten wie Coop Himmelb(l)au, Jean Nouvel, Wehdorn oder Holzbauer beteiligt hatten. Die Archimappublishers sparen aber auch nicht mit Kritik, wenn sie erwähnen, dass das Projekt deswegen umstritten ist, weil unsensibel mit der alten Bausubstanz umgegangen worden sei, und die auf sich selbst bezogene Einkaufswelt steril wirke. Weitere wichtige Architektur-Projekte können hier nur mehr kurz gestreift werden: Fluc_2 von Klaus Stattmann in der Leopoldstadt vor dem Prater erinnert in seiner Anordnung von Containern an geologische Formationen. Durch Koppelung entstanden wandelbare Räume, die den wechselnden Stationen angepasst werden können. In der Zwischenzeit entsteht übrigens an einem ganz anderen Stadtrand, hinter dem Belvedere, ein ganz anderes ganz neues Stadtzentrum. Auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofs wird gerade nicht nur ein neuer Hauptbahnhof gebaut, sondern viele Wohnungen, neue Museen wie das 21er Haus und vielleicht steht das dann schon im nächsten Archimap-Führer über Neue Architektur in Wien.
Neue Architektur in Wien
980 x 700 mm aufgeklappt | 16,6 x 11 cm geschlossen | transparenter Schutzumschlag | deutsch-english | 67 Projekte | sechs Spaziergänge mit jeweils vier wichtigen Bauten | Innenstadtkarte
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-01-07)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.