In Teil Drei der Italo-Western-Enzyklopädie von Koch Media kommen Western-Fans wieder auf ihre Rechnung, besonders freuen einen dabei die Originaltöne mit Untertitel, die an Coolness-Faktor ihre Übersetzungen natürlich bei weitem übertreffen.
“Sartana“ – zwei ungleiche Brüder
Zeigt wie unterschiedlich zwei Brüder sein können, obwohl sie von derselben Mutter abstammen. „Per me è finita, ma fermalo tu“ haucht die Mutter der beiden ungleichen Söhne in ihrer Todesstunde. Sie hatte erst an Sartana geglaubt, als einen großen General, doch bald muss auch sie einsehen, dass ihr Favorit der eigentliche Schurke ist. Sein Bruder Johnny musste wegen ihm 12 Jahre unschuldig im Gefängnis sitzen und als er frei kommt, muss einer der beiden dran glauben. Whiskey trinken in diesem Western vor allem die Frauen. Ein Zweikampf der zweiten in der jeweiligen Bande, zeigt, wie auch Werkzeuge zu Waffen werden. Der Tonmeister bringt dies besonders laut rüber, brutale Gewaltszenen folgen aufeinander, weswegen der Film auch zensuriert wurde. „Non odiare il tuo fratello nel tuo cuore e non levati contro al tuo sangue“ ( Levithicus 19) wird am Ende dieses gewaltigen und blutrünstigen Westerns die Bibel zitiert. Als Extra befindet sich auf der DVD auch ein Interview mit Erica Blanc, die im Film Joselita Rogers , die Tochter des vermeintlich von Johnny ermordeten, spielt.
Jonny Madoc – zweimal zwei Unzen Blei
„Tequila, Tequila“ verlangt Pecos Martinez (Robert Woods), der letzte Überlebende einer mexikanischen Familie. Denn der wohl erste explizit mexikanische Westernheld mag keinen Whiskey. Oder er frägt in einer anderen Szene: „Che c’è, Gringos? Il Messico non Vi piace? E pure un bel paese, c’è bisogno di pazienza per capirlo, per apprezarlo…“ und natürlich zieht Pecos schneller als ein Mann seines Kalibers einen Tequila runterstürzen kann. Die beiden Teile von Jonny Madoc („Il mio nome è Pecos“ und „Pecos è qui: prega e muori!”) wurden im Gegensatz zu den klassischen Italo-Western von Sergio Leone in Italien in Lazio gedreht und nicht in Spanien. Die Geschichte ist aber wie in Sergio Leones Western Trilogie mit Clint Eastwood ähnlich: ein Schatz muss geborgen und dann vor anderen Banditen gerettet werden. Die mutige Entscheidung einen Mexikaner zum Helden eines Italo-Westerns zu machen muss an dieser Stelle sicherlich gewürdigt werden, da ansonsten die südlichen Nachbarn der USA allzu oft als Bösewichter und Banditen dargestellt wurden. In „Jonny Madoc“ ist dies anders, denn hier sind eindeutig die Weißen die Banditen. Im ersten Teil wird auch ein witziges Lied als Refrain des Films verwendet, dessen Melodie sehr an „House of rising sun“ von Eric Burden erinnert: „Dal Sud verrà qualcuno“, interpretiert von Franco Fajila & The Beats, aber auch von Lallo Gori, der den Soundtrack des zweiten Teils von Jonny Madoc bestritt. Der Songtext handelt allerdings nicht von Marianne LeSoleil Levants Haus, sondern von einem, der kommen wird und kein Mitleid haben wird: „Dal Sud verrà qualcuno, tu te ne andrai, ma lui ti troverà, perchè non ha pietà“.
Ein Fremder mit Namen Jonny Madoc
Der klassische „straniero senza nome“-Mythos also, aber dieses Mal auf mexikanisch. Der zweite Teil beginnt mit einem längeren Diskurs über die Verdauung dreier Mariachi Musiker, die sich auf der Durchreise befinden. Bald wird ihre lustige Musik von dem Lärm einiger Banditen überlagert, die eine friedliche Stadt überfallen und dort keine Gefangenen machen. Als die drei fidelen Musikanten dann durch die nach dem Abzug der Klein-Bande totenstille Stadt streunen, stoßen sie auf einen Verwundeten, der ihnen das Versteck einer Schatzkarte verrät. Der sagenhafte „Tesoro de Montezuma“ soll sich dort verbergen. Nur ein Problem, dass er sich genau im Gebiet vom selbsternannten Retter Mexikos „El Supremo“ befindet. Jonny Madoc bietet sich als Verbündeter an und ein neues Abenteuer beginnt. Besonders witzig ist die Szene als der Hüne George Eastman einen Zwerg abschleppt, denn dafür musste sich der bekannte Kameramann Franco Villa extra etwas einfallen lassen. „Mio nonno diceva sempre: Nulla è piu periculosa che la cultura“, dazu gehören verschiedene Todesarten wie etwa mit einem Halstuch erwürgen oder: „Es gibt immer etwas Schönes, du stirbst vor einer schönen Frau, statt ins Gefängnis zu gehen“, so Jonny zum Franzosen, der ihm mit einem schlichten „Merde“ antwortet.
Lanky Fellow – Der einsame Rächer
Der italienische Originaltitel „Per il gusto di uccidere“ (dt.: Für die Lust zu töten) spielt auf den Beruf des Protagonisten Lanky Fellow an: er ist ein Bountykiller, ein Kopfgeldjäger, der für Banken die Beute der Banditen zurückholt und die Versicherungssumme kassiert. Die italienisch-spanische Koproduktion, in dem Craig Hill unter der Regie von Tonino Valerii die Titelrolle spielt, beginnt mit einem feigen Hinterhalt auf US-Soldaten, die einen Schatz mit sich führen. „Non lasciamo testimoni, solo carne per i coyoti“, ruft der fette Anführer der Banditen und bricht in höllisches Gelächter aus. In den Hügeln über der Szene des Hinterhalts nimmt Lanky Fellow den Anführer mit einem Zielfernrohr ins Visier, aber noch drückt er nicht ab, denn er kann auf eine günstigere Gelegenheit warten, denn Geduld muss ein Bountykiller wie er haben und so schläft er sogar vor der Hütte der restlichen drei Banditen, um sie erst zum Frühstück zu knacken. Das Titellied „Lanky Fellow“ wird von Komponist Nico Fidenco und den The Wilder Brothers interpretiert und begleitet den Zuseher durch den Film, der für seine Brutalität kritisiert wurde, wohl auch deswegen weil ein Kopfgeldjäger nicht unbedingt eine sympathische Figur abgeben kann, noch dazu weil er es ja für die Banken macht und nicht ausschließlich für sich selbst. Das Duell am Ende, bei dem er seinem Widersacher sogar sein Gewehr überlässt, um zu beweisen, dass er kein Feigling ist, hilft bei der Identifikation auch nicht wirklich. „La comedia dell‘arte nel Western italiano“ wäre einer Abgleichung mit diesem Film würdig. So befindet sich nicht nur die klassische Figur des „Pantolone“ oder „Vecchio“ (Alten) im Repertoire des Ensembles dieses Spielfilms, sondern auch der Arlecchino, die Colombina und natürlich Brighella.
Eine tolle Sammlung eines einzigartigen Genres von dem man hoffen darf, dass Koch Media die Serie auch weiterhin mit der tollen Ausstattung (also: Extras und Originalsprache/Untertitel) fortsetzen mag.
Koch Media 2014
Italowestern-Enzyklopädie No. 3
4 DVDs mit den Filmen Johnny Madoc, Johnny Madoc rechnet ab, Lanky Fellow, Sartana
356 min, Sprachen: Deutsch, Italienisch, Englisch
Italien 1967/1968/1966
Extras: Deutsche, englische und italienische Kinotrailer, Interviews, Alternative Vorspänne, Bildergalerien mit seltenem Werbematerial
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-08-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.