Der Psychologe und Psychoanalytiker Claus Koch, selbst ein engagierter Teil der 1968- er Bewegung, nimmt die 50. Wiederkehr jenes die Republik nachhaltig verändernden Jahres zum Anlass, nicht nur, wie so viele andere vor 10 Jahren und auch nun 2018, über die Studentenbewegung und ihre Folgen nachzudenken und ihre Bedeutung zu reflektieren, sondern er geht in seiner Darstellung, die sich spannend liest wie ein Roadmovie, auch in die 50- er Jahre zurück, zu der Elterngeneration der 68 er und in die Gegenwart, in der die Kinder der 68er leben. Über sie sagt er an einer Stelle:
„Es ist nun an unseren Kindern, die Kämpfe für eine gerechtere Welt auszutragen.“ Doch wie das gehen kann, ist durchaus fraglich, und diesen ragen gehrt Koch in seinem Buch sehr überzeugend nach:
„Die Eltern legten das Land in Schutt und Asche. Dann bauten sie es wieder auf, bis ihre Kinder 1968 in Berlin und anderswo es noch einmal anzünden wollten. Um damit die Vergangenheit endlich zum Schweigen zu bringen. Und ihre Kinder? Können sie, jenseits von Stillstand und trügerischer Ruhe das Land noch einmal zu neuem Leben erwecken?“
Wir haben sich diese drei Generationen, um die es hier geht, gegenseitig beeinflusst, welche Spuren haben sie beim jeweils anderen hinterlassen?
In einer interessanten, informativen und sozialpsychologisch tiefgehenden Zeitreise führt Claus Koch seine hoffentlich auch jüngeren Leser durch die hellen und dunklen Jahre der 68er, erzählt die Geschichte von Träumen, aber auch die eines grandiosen Scheiterns. Denn die herbeigewünschte Allianz von Utopie und Revolte zerbrach sehr schnell. Die Bewegung spaltete sich auf und verlor sich in der Bedeutungslosigkeit und im Terrorismus.
Dennoch hat diese Zeit unsere Gesellschaft geprägt bis in die aktuelle Gegenwart. Nach einer gelungenen und faszinierenden Mischung aus persönlicher Erzählung und historischem Bericht, stellt Koch am Ende die Frage, wie die Kinder der damals Aufständischen mit diesem Erbe umgehen werden. Denn die Welt hat sich in den letzten 50 Jahren nicht zum Besseren gewandelt. Im Gegenteil. Die Phantasie und die Kraft der jungen Generation, in die Koch viel Hoffnung setzt, wird nötig sein, diese Welt besser zu machen und die Hoffnung darauf nicht aufzugeben.
Claus Koch, 1968. Drei Generationen und eine Geschichte, Gütersloher Verlagshaus 2018, ISBN 978-3-579-08655-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-05-02)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.