Die Hauptthese dieses provokanten Buches von Thomas Klie ist die Notwendigkeit von grundlegenden Reformen im Pflegewesen unseres Landes. Insbesondere die Pflegeheime in ihrer heutigen Form brauchen eine gründliche Reform. Ihr Schwerpunkt sollte darauf liegen, ihren Bewohnern, den alten Menschen, ein Leben zu ermöglichen, das mit ihren Vorstellungen übereinstimmt. Es muss mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen geachtet werden. Menschen dürfen nicht gegen ihren Willen etwa animiert werden zu irgendwelchen Beschäftigungen, die sie gar nicht interessieren.
Eine dringend nötige Reduzierung des Verwaltungsaufwands für die vorgeschriebenen Pflegedokumentationen würde den nötigen Freiraum schaffen für wichtige andere Tätigkeiten des Pflegepersonals mit dem Ergebnis, dass mehr Lebensqualität für die Bewohnern entsteht.
Auch die Einbeziehung und die Achtung der Leistung der Familiennagehörigen, die sich um ihre nahen Verwandten kümmern, wäre dann besser zu leisten und könnte zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Haupot- und Ehrenamtlichen beitragen.
Thomas Klie fasst seine Utopie zusammen: "Ich wünschte mir eine Gesellschaft, die die Verantwortungsübernahme für den fremden Nächsten zu einer Frage der Kultur, der Gesellschaft im Kleinen wie im Großen, in der Nachbarschaft, im Quartier, im Hochhaus und im Dorf macht."
Wer schon einmal mit einem nahen Verwandten diesen Weg gegangen ist, von monatelangen Krankenhausaufenthalten, über ambulante Pflege zu Hause, Kurzzeitpflege und dann schließlich den unabwendbaren Aufenthalt in einem Heim, der weiß, mit welchen Belastungen für das gesamte Familiensystem all das verbunden ist und wie wichtig es ist, dass hier für die Zukunft Veränderungen stattfinden, die die letzten Monate und Jahre eines alten Menschen würdiger machen.
Thomas Klie, Wen kümmern die Alten. Auf dem Weg in eine sorgende Gesellschaft, Pattloch 2014, ISBN 978-3-629-13041-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-02-05)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.