Bodo Kirchhoff ist ein Sprachkünstler und gehört seit vielen Jahren nicht nur zu den hervorragendsten Schriftstellern deutscher Sprache, sondern spätestens seit seinem Freundschaftsroman „Eros und Asche“ auch zu meinen Lieblingsautoren.
Sein letztes Buch, die Novelle „Widerfahrnis“ wurde 2016 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet und danach warteten viel Freunde der Kirchhoff`schen Sprachkunst gespannt auf sein nächstes Werk.
In „Dämmer und Aufruhr“, einem im Verhältnis zu seinen letzten Büchern sehr umfangreichen Roman reflektiert Bodo Kirchhoff in einer wunderbaren und poetisch reichen Sprache, die den Leser von der ersten Seite an gefangen nimmt, seine eigene Lebensgeschichte. Dämmer und Aufruhr bezeichnen dabei die beiden Pole, zwischen denen sich sein Leben „der frühen Jahre“ bewegte.
Es geht dabei um seine Jahre in einem Internat, wo er einen sexuellen Missbrauch durch einen Lehrer beschreibt, der für die Entwicklung seiner sexuellen Identität und sein Leben als Schriftsteller eine Bedeutung hatte, die ihm selbst wohl erst richtig durch das Schreiben dieses Buches deutlich geworden ist.
Auch seine Beziehung zu seiner Mutter ist ein zentraler Moment in seinem Leben. Bodo Kirchhoff gelingt es, dem Leser Einblicke in sein intimstes Leben zu geben ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Er nähert sich seinen Erfahrungen diskret und dennoch offen und ehrlich und ohne Scham. Sein Buch ist stellenweise verstörend und macht angesichts des Lebensschicksals des jungen Bodo Kirchhoff betroffen.
In dieses Schicksal und seine sprachmächtige Beschreibung einmal eingetaucht, konnte ich das Buch über Tage nicht aus der Hand legen und konnte an vielen Stellen die Befreiung , die es für seinen Autor mit Sicherheit bedeutete, nachspüren.
Ein lesenswertes, wertvolles Buch.
Bodo Kirchhoff, Dämmer und Aufruhr. Roman der frühen Jahre, Frankfurter Verlagsanstalt 2018, ISBN 978-3-627-00253-4
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2019-01-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.