Tanja Kinkel, Großmeisterin des historischen Romans, hat wieder einmal die Zutaten für eine intensive Geschichte voller lebenspraller Figuren einer vergangenen Epoche in die Hände genommen.
Die Königin, Elisabeth die I. von England (1533-1603), ist eine der wesentlichen Zutaten dieses dichten und gelungenen Romans. Ihr Jugendfreund Robert Dudley, vertraut und eng verbunden mit Elizabeth, ist die zweite, wesentliche Zutat.
Geht die Beziehung zwischen der jungen Königin in ihren noch nicht gefestigten
Machtverhältnissen über eine enge Freundschaft hinaus? So weit hinaus, dass ein Mord denkbar wäre, um einander nahe sein zu können?
Die Öffentlichkeit glaubt dies auf jeden Fall und so ist das Urteil über Robert Dudley in der öffentlichen Meinung umgehend gefällt, als die dritte, wichtige Zutat in das Buch eingewoben wird. 1560 findet man die, seit langem, kränkelnde Ehefrau Dudleys, Amy, mit gebrochenem Genick am Fuße einer Treppe. Schnell werden die Stimmen lauter, die Robert Dudley und sogar die Königin selbst als Drahtzieher hinter dem Tod der jungen Frau vermuten. Um die Bahn frei zu machen für ihre intime Verbindung.
Roberts bester Freunde Tom Blount übernimmt die Untersuchung des Todes von Amy Dudley. Kat Ashley, Gouvernante und Beschützerin der Königin beginnt ihrerseits auf ganz eigenen Wegen der Wahrheit auf den Grund zu gehen.
Mord oder Unfall? Viel steht auf dem Spiel, zumindest das Leben Robert Dudleys, aber auch der Thronanspruch Elizabeths beginnt zu wanken. Und so machen sich die beiden ganz verschiedenen Ermittler auf ihren Weg.
In ständigem Wechsel der Perspektiven tauchen beide jeweils aus ihrer Richtung und mit ihren Möglichkeiten hinein in einen sich immer weiter verstrickenden Sumpf von Intrigen, Machtansprüchen, Bestechung, Drohungen und Einschüchterungen auf allen Seiten.
Tanja Kinkel versteht es, die handelnden Personen in ihrem Wesen einzufangen und die vielen Querverbindungen, gegenseitigen Abhängigkeiten und die Ränkespiele der Macht treffend in den Raum zu heben. Sprachlich flüssig und souverän zeichnet sie sich ebenfalls durch ihr großes Wissen der Epoche aus und vermag es, das alltägliche und höfische Leben im England des 16. Jahrhunderts in kräftigen Farben vor Augen zu führen.
Diese lebendig geschilderte Blaupause ergibt den Hintergrund für die lange unklar bleibende Auflösung der Geschehnisse um den Tod von Amy Dudley. Eine Auflösung, für die die eigentliche Hauptfigur der Geschichte, Tom Blount, Kopf und Kragen riskieren muss.
Detailgespickt, authentisch geschildert und mit vielen Verwicklungen versehen bietet der Roman nicht nur eine anspruchsvolle Kriminalgeschichte, sondern ebenso einen intensiven Blick auf eine vergangene Epoche und auf das Wesen menschlicher Machtgelüste. Empfehlenswert, wenn auch Geduld vonnöten ist, all den Verzweigungen und all der Ränkespiele zu folgen.
[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-06-29)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.