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Lily King - Euphoria
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King, Lily:
Euphoria

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(Bücher frei Haus)

„Ich kann das nicht bereuen. Es war der Himmel“, meint Fen an einer Stelle dieses Romans mit tragischem Ausgang, in dem die Schicksale der Protagonisten mit „blutiger Tinte“ geschrieben werden. Die von der Autorin als Stone, Fen und Bankson beschriebenen Figuren folgen dem realen Vorbild der Ethnologin Margaret Mead, die mit ihren beiden Ehemännern in Neuguinea ihren Forschungsarbeiten nachging. Die sexgeladene Dreiecksgeschichte – in der Literatur auch als Ménage-à-trois bekannt – wird ebenso analysiert wie die fiktiven ethnischen Gruppierungen auf der Südseeinsel. Die konkurrierenden Anthropologen verspinnen sich ebenso in die Erotik wie in ihre Forschungen und lassen den Schluss zu, den auch Sigmund Freud jedweglicher Beziehung ohnehin unterstellt: selbst Wissenschaft ist Erotik. Die im Titel angesprochene vielversprechende Euphorie, die wohl jeden Forschungsdrang begleitet und ohne die eine solche gar nicht möglich wäre – erfasst die drei fiktiven Protagonisten des Romans nach ungefähr acht Wochen und ist wie so oft auch von einer entsprechenden und viel länger andauernden Verzweiflung begleitet. Denn auf jede Euphorie folgt unweigerlich eine Katerstimmung, sei es nun in der Wissenschaft oder der Erotik.

Akademiker auf Abwegen
Neuguinea Anfang der 1930er Jahre als Tummelplatz europäischer oder amerikanischer „Naturforscher“, die dort ihre in der Heimat ansonsten zu kurz gekommene Erotik in der schwülen Atmosphäre des Dschungels, umgeben von „primitiven“ Eingeborenen, ausleben, ist in der Literatur keine neue Errungenschaft, geschweige denn ein neu zu entdeckendes Territorium. Nell Stone, ihr Mann Fen und der Brite Andrew Bankson entdecken über die Stämme am Sepikfluss vorerst nichts Aufsehenerregendes, doch als sie sich mit den Tam, einem weiblich dominierten Stamm mit ungewohnten Ritualen, näher einlassen, artikulieren sich bald auch ihre eigenen Wünsche und Interessen und sorgen für Dramatik und Tragödie, die nichts mehr mit wissenschaftlichem Ethos oder dem eigentlichen Forschungsinteresse zu tun haben. Allzu oft spielt eben der persönliche Ehrgeiz, Besitzdenken und Konkurrenzdenkenphilie eine entscheidende Rolle bei wissenschaftlichen Unterfangen, was beweist, dass eben auch die Wissenschaft nur mit Wasser kocht und von einer scheinbaren menschlichen Überlegenheit nur sehr bedingt die Rede sein kann.

King, Lily
Euphoria
Roman
6. Auflage 2016. 262 S.: Gebunden
ISBN 978-3-406-68203-2
Auch als E-Book lieferbar.
Von Lily King. Aus dem Englischen von Sabine Roth

[*] Diese Rezension schrieb: juergen weber (2015-12-27)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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