Bei einem Aufenthalt in Island hat die australische Schriftstellerin Hannah Kent, die Autorin des vorliegenden Romans von einer Frau namens Agnes Magnusdottir gehört, von der berichtet wurde, dass sie wegen Mordes an zwei Männern als letzte Frau auf Island zum Tode verurteilt wurde. Obwohl sie nur sehr wenig herausbekommen konnte außer dass Agnes zusammen mit einem jungen Paar zwei Männer erschlagen, erstochen und dann verbrannt haben soll, hat sie die Geschichte dieser Frau nicht mehr losgelassen.
Langsam entstand die Idee eines Romans, der die Absicht hat, diese Mörderin als ein menschliches Wesen darzustellen und ihr etwas von dem Monsterhaften zu nehmen, als die sie in ihrer Heimat überliefert wird.
Agnes ist eine zurückhaltende Frau, die eher schweigt als redet. Von der Mutter früh verlassen, muss sie auf diversen Höfen als Magd ihr karges Leben fristen. Obwohl sie nie zur Schule gegangen ist, ist sie sehr intelligent. Oft muss sie den Arbeitgeber wechseln, weil die armen Hofbesitzer selbst ihren kargen Lohn nicht mehr bezahlen können.
Ihre letzte Station ist der Kornsahof, wohin sie zum Arbeiten geschickt wird, bis ihre Hinrichtung stattfinden soll. Skeptische und unfreundliche Hofbewohner können aber nicht ihre Freude schmälern, nach der langen Zeit in der Zelle des Gefängnisse wieder arbeiten zu können.
Der junge Vikar Thorvadur soll sie in der Zeit bis zu ihrem Tod besuchen und sich um ihre Seele kümmern. Ganz langsam wird ihm und auch der Hausherrin Margret klar, dass Agnes alles andere als eine kaltblütige und grausame Mörderin ist.
Mit einer beeindruckenden Sprache und Einfühlsamkeit in eine historische Person, von der es nur wenige Quellen gibt, ist es Hannah Kent gelungen, nicht nur die damaligen Lebensumstände sehr deutlich zu schildern, sondern auch ihren Figuren ihre Menschlichkeit zurückzugeben.
Hannah Kent, Das Seelenhaus, Droemer 2014, ISBN 978-3-426-19978-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-02-06)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.